Fahrräder sind in der Autostadt Los Angeles nicht vorgesehen. Der Bürgermeister will das ändern und so gegen Staus und Übergewicht kämpfen.

Los Angeles - Alles begann mit einem Unfall. Antonio Villaraigosa, Bürgermeister der Millionenstadt Los Angeles, wurde im vergangenen Sommer von einem Autofahrer auf dem Venice Boulevard ziemlich unsanft vom Rad geholt. Er prellte sich seinen Kopf und brach sich den Ellbogen, doch er ging aus dem Unfall mit einer neuen Überzeugung hervor: Es muss etwas für die Radfahrer in Los Angeles getan werden. "Das Rad ist ein praktikables Fortbewegungsmittel und gleichzeitig ein Weg zu einem gesünderen, aktiveren Lebensstil", so sein neues Credo.

 

Seitdem gibt es immer mehr Radfahrspuren am Rande der großen Boulevards. Grüne Schilder mit einem weißen Rad weisen die Autofahrer darauf hin, dass es sich hier um eine ausgewiesene Fahrradroute handelt - eine Provokation in der früheren Musterstadt für Automobile.

Und dennoch bleibt das Radeln in Los Angeles ein Abenteuer. Ein kleiner Trip vom Westen in die Innenstadt, zwölf Meilen ein Weg, die Route schlägt der Internetradroutenplaner vor. Immer wieder begegnet man Autofahrern, die einen am liebsten von der Fahrbahn hupen wollen und unverständig den Kopf schütteln. Und urplötzlich taucht ein riesiges Schlagloch mitten auf der Fahrbahn auf oder eine Baustelle. Im Fashion District, wo eigentlich alles erlaubt ist, fällt man mit Helm und Sportkleidung auf. Und auch die Freunde reagieren erstaunt: "Wie, mit dem Fahrrad nach Downtown? Warum?"

Radgruppen kämpfen für Verbesserungen

Doch auch immer mehr "Angelenos" radeln zur Arbeit, mit ihren Businessklamotten im Rucksack, oder sie schwingen sich nach Feierabend in den Sattel und kreuzen zwischen den dicken Geländewagen und Pick-ups hin und her. Los Angeles galt lange als die Vorzeigekommune für den Autoverkehr. Die vielen fünfspurigen Highways, die die Stadt durchziehen, die breiten Boulevards - hier ohne ein Auto zu leben scheint undenkbar, denn es gibt nur wenige Bus- und Metrolinien. Die Kehrseite: die Stadt erstickt im Verkehr, es gibt trotz der breiten Straßen täglich Staus, und der Smog verdunkelt den Himmel. Zusätzlich stöhnen die Kalifornier über die höchsten Benzinpreise aller Zeiten.

Schon vor Villaraigosas Bekehrung gab es engagierte Radfahrergruppen, die sich lautstark für eine Verbesserung der Bedingungen einsetzten. Stephen Box ist einer von ihnen, er wurde vor Jahren fast von einem Bus überfahren. Seitdem kämpft er für einen Radfahrplan, bei den Stadtratsmitgliedern genauso wie bei den Wählern im vierten District, der auch Hollywood umfasst. Im Mai 2009 haben Stadtplaner und Verkehrsexperten einen ersten Radverkehrsplan vorgestellt. Doch die Radfahrer schrien auf: "Furchtbar. Das war nicht bequem für Radfahrer, sondern nur für die Stadtbezirke", sagt Allison Mannos von der Radfahrkoalition des Los Angeles County. Der zweite Versuch enthält nun Hauptrouten, die alle Stadtbezirke miteinander verbinden, sowohl direkte Wege an den breiten Boulevards wie auch Freizeitrouten, die direkt zum Strand führen. Dieses Werk hat der Stadtrat inzwischen genehmigt. 1680 Meilen - gut 2700 Kilometer - Radwege sollen nach diesem Plan in Los Angeles entstehen.

Der Bürgermeister wünscht sich die weltbeste Fahrradstadt

Das Konzept klingt vernünftig: ein "Rückgratnetz" mit den wichtigen Verbindungen zwischen den Stadtbezirken, ein Nachbarschaftsnetz und ein grünes für die Freizeit sollen gebaut werden. Radeln also nun bald die Stars von ihren Villas am Mulholland Drive zu ihrem Lieblingsitaliener? Bisher hat noch kein Paparazzo einen solchen Schnappschuss ergattert. Die Sache hat nämlich auch einen Haken: nur rund 64 Kilometer Radweg sollen pro Jahr gebaut werden. Es dauert also noch mehr als 40 Jahre, bis Los Angeles eine der weltbesten Fahrradstädte ist. Nichts Geringeres hat Antonio Villaraigosa nämlich im Sinn. Und vielleicht hat bis dahin dann eine Fahrradrikscha auch die Stretchlimousine in Hollywood abgelöst.