Die Fahrradstation des DRK Steinheim hat mittlerweile schon knapp 400 Räder verkauft. Diese wurden zuvor von Privatpersonen oder dem Fundamt gespendet und anschließend von Ehrenamtlichen wieder flott gemacht – mit dem Ziel, neue Besitzer zu finden.
Der Schraubenzieher ist ein wichtiges Werkzeug für die aktuell drei Männer in dem Haus in der Badtorstraße 2 am Steinheimer Marktplatz: Dieses beherbergt die Fahrradstation, deren Aufgabe es ist, gespendete Räder wieder flott zu machen. Menschen, die finanziell weniger gut gestellt sind, können sich dort ein Rad eher leisten, als in einem Laden, der auf Gewinn abzielt. Die Station ist jetzt eine Zweigstelle vom s’Lädle, das der DRK-Ortsverein in der Stadt etabliert hat. Entstanden ist die Werkstatt durch das Engagement des Arbeitskreises Asyl, um Geflüchteten die Chance zu geben, in einem gewissen Umfang mobil zu sein.
Das Geld geht ausnahmslos an das DRK
Anfangs wurden die Räder verschenkt. „Doch weil das, was nichts kostet, offenbar keinen großen Wert hat“, wie Gerd Zweigle lernen musste, haben die Helfer sich dafür entschieden, dass auch Geflüchtete etwas für ein Rad zahlen müssen: „Wir verlangen von den Käufern, was wir für angemessen halten. Aber das ist weit unter dem üblichen Niveau.“ Das erwirtschaftete Geld geht dann ausnahmslos an das DRK. Zwischen zehn und 60 Euro bewegen sich die Preise für die meisten aufgearbeiteten Exemplare. Kostet ein Rad 80 Euro, ist das die totale Ausnahme. „Dann muss es schon etwas Besonderes sein“, sagt Jens Golias.
Golias schwingt an diesem Dienstag ebenfalls den Schraubenzieher: eifrig schraubt er am Sattel eines Rades. Gebracht hat es Radmila Petkovic, die es vor knapp zwei Monaten genau hier erstanden hat. „Ich bin megazufrieden und nutze es fleißig“, sagt die Steinheimerin. Allerdings ist der Sitz zu niedrig für die Frau eingestellt, deshalb leistet Jens Golias im Nachhinein Abhilfe.
Strahlende Gesichter sind das schönste Dankeschön
Drinnen im Haus riecht es intensiv nach Reinigungsspray: Dort reinigt Gerd Zweigle gerade Felge und Nabe eines gespendeten Rads. Der frühere Lehrer packt bereits seit 2015 in der Fahrradstation mit an und leitete bislang die Arbeitsgruppe. Seit Kurzem hat aber Jens Golias die Führung übernommen, der bereits seit 2018 mit dabei ist und der „schon immer gerne an Rädern herum geschraubt hat“.
Diese Vorliebe verbindet den gelernten Kaufmann mit Bernd Hammer, momentan der dritte im Bunde, wenn man von Syrer Mohammad absieht, der das Team ab und an unterstützt. Der 68-jährige Hammer kommt aus einer Familie, die einen Radladen führte. „Mein Onkel hatte einen in Ossweil“, verrät Hammer, dem die Reparaturarbeit in dem denkmalgeschützten Haus viel Spaß macht. Er hat die Radstation zu Coronazeiten kennengelernt, als er Ersatzteile brauchte, die es im Laden nicht zu kaufen gab. „Dabei fiel mir das Schild ‚Helfer gesucht’ auf und ich nahm mir vor, sporadisch auszuhelfen. Es wurde aber rasch eine regelmäßige Sache daraus“, so Hammer, der erzählt, dass er sich hierbei besonders über den Umgang mit anderen Menschen freue.
„Die meisten Kunden sind nämlich super dankbar“, so der Helfer, dem es wichtig ist, „dass die Leute bei uns für wenig Geld brauchbare Räder bekommen“. Aber die Männer helfen generell auch Radfahrern bei Problemen mit ihrem Gefährt weiter. Es darf jedoch kein E-Bike sein. „Um die teuren Dinger kümmern wir uns der Elektronik wegen nicht“, lautet die Devise. „Aber einer über 70-jährigen Radlerin, die mit einem Plattfuß kam, haben wir natürlich gern geholfen“, berichtet Hammer, der ihr den Reifen kurzerhand aufgepumpt hat. „Obwohl die Frau selbst wenig hat, wollte sie mir dafür fünf Euro geben“, sagt Hammer, den das sehr berührt hat. Strahlende Gesichter sind allerdings das schönste Dankeschön für ihren Einsatz, beteuern die Männer – die dennoch manchmal auch an unverschämte Zeitgenossen geraten. „Die aber sind glücklicherweise sehr selten“, bestätigt Zweigle,
Das Lager soll sich vor dem Umzug leeren
Zweigle erzählt zudem, dass sie „anfangs befürchteten, nicht genug Räder gespendet zu bekommen“. Doch weit gefehlt: Privatleute, aber auch das Fundamt, haben die Fahrradstation bislang stets gut versorgt. Weit über hundert Räder in allen Zuständen schlummern derzeit noch im Obergeschoss des Hauses, das aber bald geräumt werden soll: „Wir ziehen dann in die Lammgasse um.“ Doch bis dahin, so hofft das Team, sind hoffentlich viele der Drahtesel verkauft. „Die Leute sollen jetzt kommen und kaufen“, so der motivierende Appell von Zweigle an die potenzielle Kundschaft. Reparaturunfähige Räder werden von den Männern übrigens auch noch ausgeschlachtet, ehe sie auf dem Recyclinghof entsorgt werden.