Das Aufreger-Thema Radeln in der Alleenstraße geht in eine neue Runde. Das Stück zwischen Solitude- und Seestraße wird zeitweise für Autos geöffnet – so wollen es CDU und Freie Wähler. Grüne und SPD wollen das aber nicht akzeptieren.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ludwigsburg - Wolfgang Medinger radelt nicht nur tagsüber die Alleenstraße entlang. Manchmal ist er auch zu später Stunde rund um seinen Wirkungsort unterwegs. „Wilde Partys habe ich zwischen See- und Solitudestaße noch keine erlebt“, sagt der Schulleiter des Goethe-Gymnasiums und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Campus.

 

Mit Erstaunen hat Medinger deshalb in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen, dass durchfahrende Autos zwischen ehemaligem Stadtbad, Gemeinschaftsschule und Goethe-Gymnasium nun auch Sozialkontrolle-Funktion übernehmen sollen. Dies war eines der Argumente der Stadträte von CDU und den Freien Wählern gewesen, als sie sich für die zeitweise Freigabe des Straßenstückes für den Autoverkehr stark machten. Medinger findet: „Das ist nicht im Geringsten einzusehen oder belegt.“

CDU und Freie Wähler wollen auch eine soziale Kontrolle erreichen

Man kenne doch die nächtlichen Zustände auf den öffentlichen Flächen rund um die parallele Mathildenstraße, sagt hingegen der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Reinhold Noz. „Jede Nacht gibt’s dort Spannungen und Saufgelage, die Wände werden volluriniert, und kaum einer traut sich drüberzulaufen.“ Dieselben Probleme drohten, wenn Autos kategorisch aus dem Alleenstraßen-Stück zwischen See- und Solitudestraße herausgehalten würden. Auch sei es nicht einzusehen, dass Autofahrer nicht zu ihrem Recht kommen sollten, wenn kaum noch Fahrradfahrer unterwegs seien. Dass zu den Stoßzeiten radelnde Schüler Vorrang haben, finde die CDU aber konsensfähig.

CDU und Freie Wähler behielten bei der Autofrage die Oberhand: Ein Antrag von Grünen und SPD die partielle Pkw-Komplettsperrung aufrecht zu erhalten, endete im Ausschuss bei Enthaltung der Lubu-Rätin Elga Burkhardt mit 7:7 Stimmen und war somit abgelehnt. Stattdessen wird das derzeit für Autofahrer stillgelegte Stück zwischen Solitude- und Seestraße außerhalb der Schulzeiten den Autofahrern überlassen. Das hatte die Verwaltung vorgeschlagen, die – das nebenbei – die gesamte Strecke von Myliusstraße bis B 27 in eine Fahrradstraße verwandeln möchte.

Die Vertreter der Arge Campus waren, so formuliert es Wolfgang Medinger, über die Diskussion und ihren Ausgang „sehr negativ überrascht – auch darüber, mit welchen Formulierungen zum Teil argumentiert wurde“. Die Interessenvertreter der Campus-Schulen, die Tausende von radfahrenden Schülern repräsentieren, hatten in einem offenen Brief an Stadträte und Dezernenten dringend darum gebeten, es der Sicherheit der Fahrradfahrer zuliebe bei der Sperrung zu belassen. Sie fühlen sich nach der Entscheidung vor den Kopf gestoßen. So geht es auch vielen Eltern. „Ich bin verärgert“, sagt Heinz Blaschke, dessen Sohn ein Gymnasium am Campus besucht. Die Fahrradstraße habe sich bewährt, der Schutz der Schüler sei wichtiger als der Autoverkehr. „Ich fahre selbst Auto, aber ich halte es für unklug, mit Rezepten von gestern die Zukunft gestalten zu wollen.“

Der OB soll sich bekennen

Für Grüne und Sozialdemokraten ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sie halten das Thema, das mit dem Votum des beschließenden Ausschusses eigentlich eingetütet ist, für so wichtig, dass sie es vom gesamten Gemeinderat abstimmen lassen wollen. Die Gemeindeordnung ermöglicht das unter bestimmten Voraussetzungen. Die beiden Fraktionen haben den entsprechenden Antrag bereits vorbereitet. „Wir gehen davon aus, dass das Thema noch vor der Sommerpause im Gemeinderat auf den Tisch kommt“, sagt der Grünen-Fraktionschef Michael Vierling. „Bestimmte Kräfte sind im Ausschuss für Bauen, Umwelt und Technik gar nicht vertreten, und wir wollen doch einmal wissen, wie es aussieht, wenn das Plenum darüber abstimmt. Außerdem geht es uns auch darum, dass sich der Oberbürgermeister positioniert.“

Die Sache betreffe ohnehin nicht nur die vielen Schüler, ergänzt SPD-Rat Dieter Juranek. „Auch außerhalb der Schulzeiten sind viele Radfahrer unterwegs.“ Die Alleenstraße sei die Hauptfahrradachse vom Ost nach West schlechthin. Auch für Pendler, die zum Bahnhof wollen und die Bewohner der großen Wohngebiete im Osten.