Lastwagen über 3,5 Tonnen, die kein Unternehmen beliefern, müssen ab 1.Dezember wohl draußen bleiben: Leonberg dehnt das Durchfahrverbot aus.  

Leonberg - Lastwagen, die schwerer als 3,5 Tonnen sind und nicht Unternehmen in Leonberg (Kreis Böblingen) beliefern, dürfen vom 1. Dezember an nicht mehr durch die Stadt fahren. Das sieht der Luftreinhalteplan für Leonberg vor, den das Regierungspräsidium Stuttgart nun fortschreibt und der in das benachbarte Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) "hineinwirke", wie es offiziell heißt. Damit werden künftig die Beschränkungen ausgedehnt, die zu weniger Luftschadstoffen in der Umweltzone Leonberg führen sollen.

 

Das Durchfahrverbot gilt künftig für die Kernstadt Leonbergs sowie für die beiden Teilorte Gebersheim und Höfingen, nicht jedoch für Warmbronn. Dieser Teilort gehört seit ihrer Einrichtung am 1. März 2008 nicht zur Umweltzone Leonberg, weil dort die Schadstoffbelastung zu gering ist und sich auch der Lastwagenverkehr in Grenzen hält.

Nicht zur Umweltzone gehören auch der Stadtteil Silberberg, und die Südrandstraße. Das hat in Leonberg bereits von Anfang zu Unverständnis und einer Ablehnung der Umweltzone geführt. Zumal Feinstaubmessungen, wie am Tag des Pferdemarktes 2009, als die Grabenstraße für den Verkehr gesperrt war, gezeigt haben, dass die Werte trotzdem überschritten werden. Dabei spielen allerdings die Wetterlage und die Nähe zu gleich zwei Autobahnen, über die sich täglich die Lastwagenkolonnen wälzen, eine zentrale Rolle.

Die Stuttgarter sind zufrieden

Man akzeptiere die Entscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart (RP), sagte gestern Guido Braun, der Sprecher des benachbarten Ditzingen, wo man sich den Luftreinhalteplan Leonberg etwas anders gewünscht hatte. Zwar sind in die Verbotszone der Ditzinger Ortsteil Hirschlanden sowie weite Teile der Kernstadt einbezogen. Davon ausgenommen ist jedoch die Strecke von der Autobahn 81 über die Weilimdorfer und Siemensstraße zur Ditzinger Westrandstraße. Lastwagenfahrer können somit das Gerlinger Gewerbegebiet weiterhin auf direktem Weg über die Ditzinger Siemensstraße anfahren. Die Ditzinger hätten den Transitverkehr von der A-81-Anschlussstelle Feuerbach nach Gerlingen gerne über die Stuttgarter Gemarkung gelenkt, und zwar über die Stadtteile Hausen und Giebel.

Eine der Bedingungen, unter denen der Ditzinger Gemeinderat im Juni dem Durchfahrverbot für Leonberg zugestimmt hatte, hat das RP demnach nicht erfüllt. Die zweite war der rasche Bau einer Umfahrung des Teilorts Heimerdingen gewesen. Darauf konzentrieren sich die Ditzinger jetzt, die für das Vorhaben mit großen Zuschüssen von Land und Kreis rechnen. "Wir gehen davon aus, dass die Umfahrung in der Priorität hoch bewertet wird", sagte Braun und verwies auf den engen Zeitrahmen für den Bau der neun Millionen Euro teuren Straße. Sie soll bis zum Jahr 2015 gebaut sein. Braun: "Wir haben keine Bedenken, dass sich daran etwas ändert."

Bedrohliches Szenario mit noch mehr Lkw

Zufrieden mit der Entscheidung des Regierungspräsidiums sind die Stuttgarter. Das Durchfahrverbot gilt nun auch weiterhin für ganz Stuttgart, mit Ausnahme der B10. "Eine Zufahrt in das Gerlinger Gewerbegebiet über die Wohngebiete Hausen und Giebel wäre zugleich eine Ausnahmeregelung, die der Gemeinderat ablehnt", sagte ein Rathaussprecher. Stuttgart hatte stets auf die kurvenreiche Strecke zwischen diesen Stadtteilen verwiesen, welche laut Prognosen mehrere Hundert Lastwagen täglich hätten bewältigen müssen. So hatte auch das RP argumentiert.

Der Luftreinhalteplan des Regierungspräsidiums muss in den Leonberger Gremien noch beraten werden. Der Entwurf wird heute amtlich veröffentlicht, vom Montag, 5. September, an liegt er im Neuen Rathaus aus. Am 21. September beschäftigt sich der Planungsausschuss mit dem Thema, und am 27. September wird darüber im Gemeinderat beraten, der dann eine Stellungnahme abgibt. Bis einschließlich 18. Oktober können sich auch Bürger Leonbergs und Ditzingens, wo der Plan ebenfalls ausliegt, dazu äußern.

City ist tabu

Hier eine Ortsdurchfahrt für Lastwagen gesperrt, dort die Verkehrsachse durch die City tabu. Doch was bringt es? Am Beispiel von Leonberg lässt sich gut zeigen, dass Durchfahrverbote zwar begrenzt wirksame, aber im Grunde hilflose Reaktionen auf das sind, was die große Politik versemmelt: Die Gütertransporte auf der Straße haben durch die Erweiterungen der EU ständig zugenommen, die Prognosen malen das bedrohliche Szenario von noch mehr Schwerlastverkehr auf den Straßen zwischen Rumänien und Portugal, zwischen Spanien und Finnland an die Wand. Eine Studie aus dem Jahr 2009, die das baden-württembergische Innenministerium in Auftrag gegeben hat, rechnet allein für den Durchgangsverkehr bis zum Jahr 2025 mit einer Zunahme von sage und schreibe 75 Prozent im Land.

Für Leonberg heißt das: trotz Umweltzone in Zukunft noch mehr Feinstaub, denn auch wenn der Verkehr aus der City verbannt ist - der autofreie Pferdemarkt zeigt es deutlich -, wehen die Abgase der Lastwagen von den ständig überfüllten nahen Autobahnen herüber. Hätten die Politiker tatsächlich ein Interesse daran, die Bürger vor Feinstaub zu schützen, müssten sie das Übel an der Wurzel packen: Der Güterverkehr auf der Straße müsste so teuer werden, dass er die Schäden, die er verursacht, auch aufwiegt. Mal sehen, ob dann nicht doch die Bahn die günstigere Alternative für den Güterfernverkehr wäre - und volkswirtschaftlich und gesundheitlich die verträglichere. Dann wäre auch der Flickenteppich der Umweltzonen überflüssig, der die Belastungen doch nur von einer Gemeinde auf die andere verschiebt.

Durchatmen: Durch Umweltzone zur besseren Luft

Fahrverbote Umweltzonen sind begrenzte Gebiete, in denen Fahrverbote für Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß gelten. Konzentrationswerte von Feinstaub und Stickstoffdioxid, die über den Grenzwerten liegen, sollen damit eingedämmt und die Luftqualität soll verbessert werden.

Unterschiede Die Details für Umweltzonen sind in Luftreinhalteplänen geregelt. In der Region gibt es solche Pläne für folgende Kommunen: Stuttgart, Leonberg, Ludwigsburg, Pleidelsheim, Herrenberg und Markgröningen. Die Maßnahmen darin fallen von Ort zu Ort unterschiedlich aus.