Unter den 15 weltweit schmutzigsten Städten liegen 14 in Indien. Der Smog bedroht inzwischen sogar das Taj Mahal. Die Regierung reagiert nun mit drastischen Maßnahmen in der Hauptstadt.

Neu Delhi - Im Kampf gegen den Dauer-Smog hat Indiens Hauptstadt Neu Delhi Fahrverbote für Autos und Lastwagen verhängt. Privatautos dürfen seit Montag nur noch an jedem zweiten Tag genutzt werden. Die Luftverschmutzung sei „unerträglich“ geworden, sagte der Regierungschef der Hauptstadtregion Delhi, Arvind Kejriwal. Auch das berühmte Mausoleum Taj Mahal leidet unter dem Feinstaub, der schon seit Tagen weit über den Grenzwerten liegt.

 

Auch interessant: So war Angela Merkels Besuch in Indien

Über die 20-Millionen-Stadt Neu Delhi legt sich jeden Winter eine Dunstglocke, verursacht durch Fahrzeug- und Industrieabgase und Bauern, die in der Umgebung abgeerntete Weizen- und Reisfelder abbrennen. In den Armenvierteln der Hauptstadt nutzen zudem viele Menschen offenes Feuer zum Kochen und Heizen. Oft tritt der Smog kurz nach dem hinduistischen Lichterfest Diwali auf, das Ende Oktober mit viel Feuerwerk gefeiert wird.

„Überall ist Rauch, und die Menschen - Junge, Kinder und Alte - können kaum atmen“, sagte Kejriwal in einem Video im Onlinedienst Twitter. Kejriwals Regierung hat wegen des giftigen Smogs den Gesundheitsnotstand ausgerufen. In Schulen findet seit Freitag kein Unterricht statt, Baustellen wurden mindestens bis Dienstag gesperrt.

Fahrverbot trifft täglich jedes zweite Auto

Am Sonntag wurde zudem ein Fahrverbot für die Hälfte der Privatautos der 20-Millionen-Stadt angeordnet. Autos mit einer geraden oder ungeraden Zahl im Nummernschild müssen nun jeden Tag abwechselnd stehen bleiben. Diesel-Lastwagen dürfen nur noch in die Hauptstadt fahren, wenn sie lebensnotwendige Güter geladen haben.

Um die Fahrverbote durchzusetzen und Bußgelder von 4000 Rupien (mehr als 50 Euro) zu verhängen, waren in Neu Delhi am Montag mehr als 600 Polizisten im Einsatz. Viele Autofahrer hielten sich aber offenbar nicht an die Fahrverbote. Zudem gibt es viele Ausnahmen, unter anderem für die sieben Millionen Motorrad- und Rollerfahrer, den öffentlichen Nahverkehr und Autos, die nur von Frauen genutzt werden. 

Die Belastung mit gefährlichen Feinstaubpartikeln, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind, erreichte nach Angaben der US-Botschaft in Neu Delhi am Montagmorgen immer noch Werte von mehr als 600 Mikrogramm pro Kubikmeter - fast 25 Mal mehr, als der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erlaubt. Die PM-2,5-Feinstaubpartikel können durch die Blutbahn in die Lunge eindringen und schwere Atemwegs- und Herzerkrankungen verursachen.

Smog könnte Taj Mahal beschädigen

„Ich habe jeden Tag beim Aufwachen Kopfschmerzen“, sagte die Studentin Ankusha Kushi. „Beim Atmen hat man manchmal das Gefühl zu ersticken.“ Bollywood-Star Priyanka Chopra Jonas veröffentlichte ein Foto im Online-Netzwerk Instagram, das sie mit Schutzmaske zeigte. Dreharbeiten in Neu Delhi seien derzeit „schwierig“, schrieb die Schauspielerin dazu. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein muss, unter diesen Umständen hier zu leben.“

Auch andere Teile des Landes sind von dem dichten Smog betroffen. Zum Schutz des Taj Mahal brachten die Behörden einen Luftreiniger zu Indiens wichtigstem touristischen Wahrzeichen, das rund 250 Kilometer südlich der Hauptstadt steht. Wie die Nachrichtenagentur PTI berichtete, befürchten die Behörden, dass die teilweise giftige Luft die Marmorkonstruktion aus dem 17. Jahrhundert schädigen könnte.

Indiens Städte sind weltweit am meisten verschmutzt

Umweltschützer forderten Indiens Premierminister Narendra Modi auf, das Problem endlich anzugehen. Umweltminister Prakash Javadekar warf dagegen Delhis Regierungschef Kejriwal vor, die Smog-Krise als Wahlkampfthema für die Regionalwahl im kommenden Jahr zu nutzen. Auch ein Abgeordneter der Regierungspartei BJP kritisierte die Fahrverbote als Wahlkampfmanöver und kündigte an, sich nicht daran zu halten.

14 Städte in Indien gehören nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den 15 am stärksten verschmutzten Städten weltweit. Experten zufolge verursacht der Feinstaub in Indiens Städten mehr als eine Million vorzeitige Todesfälle pro Jahr.