Die Handwerkskammer macht mobil gegen Fahrverbote. Dabei lässt sie nach Ansicht von Uwe Lahl, Amtschefs des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, die weitgehenden Ausnahmeregelungen außer Acht.

Stuttgart - Die Fundamentalopposition der Handwerkskammer Region Stuttgart gegen mögliche Fahrverbote für Dieselautos sorgt im Landesverkehrsministerium für Verstimmung. Das geht aus einem Brief von Ministerialdirektor Uwe Lahl an Handwerkskammerpräsident Rainer Reichhold hervor, der unserer Zeitung vorliegt. Die undifferenzierten Aussagen der Handwerk-Funktionäre legten den Schluss nahe, so Lahl, dass „die von uns geplanten, sehr weitgehenden Ausnahmeregelungen für Lieferfahrzeuge ohne Bedeutung für das Handwerk sind“. Der Amtschef will von Reinhardt deshalb wissen, „ob die Ausnahmen folglich aus Ihrer Sicht verzichtbar wären“.

 

Amtschef kritisiert Information der Kammer

Zwei Wochen nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, das Fahrverbote grundsätzlich ermöglicht, wenn Härten vermieden werden, hatte das Verkehrsministerium Mitte März die Wirtschaftsverbände über mögliche Folgen unterrichtet. Am Forum Luftreinhaltung nahmen auch Vertreter des Handwerks teil. „Wir hatten dort gesagt, was das Ministerium plant, aber immer darauf hingewiesen, dass die Regierung entscheidet“, sagt Lahl. Dass die Kammer dies öffentlich einerseits wie bereits beschlossen und zudem als „exklusive Information“ an sie dargestellt habe, obwohl andere Verbände ebenfalls beteiligt gewesen seien, „verwundert sehr“, so Lahl.

„Völlig überrascht“ ist der Amtschef aber darüber, dass die Handwerkskammer massiv die Fahrverbote aufs Korn nimmt, aber die auf dem Forum vorgestellten Ausnahmeregelungen nur unter „ferner liefen“ erwähnt. Hauptgeschäftsführer Hoefling lässt sich auf der Website zitieren: „Die geplanten Fahrverbote treffen die Unternehmen in der Region ins Mark. Die meisten Handwerksbetriebe sind direkt betroffen.“

„Weitgehende Befreiungen von Fahrverboten“

Das sieht Lahl ganz anders, und darüber sei in Anwesenheit der Vertreter des Handwerks während des Forums auch informiert worden. So gebe es eine „weitgehende Befreiung von den Fahrverboten für den Lieferverkehr, die auch alle Fahrzeuge des Handwerks einschließt, die zum Beispiel Waren oder Werkzeuge transportieren“.

Diese Formulierungen und weitere Ausnahmen seien zudem seit der Vorstellung des Luftreinhalteplans im vergangenen Jahr bekannt. „Das ist eine großzügige Ausnahmeregelung“, sagt Lahl gegenüber unserer Zeitung, unterm Strich bedeute dies, „dass eigentlich jeder, der ein Handwerk ausübt, auch bei Fahrverboten weiter fahren kann“. Er habe eigentlich gedacht, dass die Handwerkskammer im Interesse ihrer Mitglieder solche Regelungen zumindest „für hilfreich“ halte, so Lahl: „Öffentliches Lob erwarten wir ja gar nicht.“

Stattdessen spreche die Kammer nun aber öffentlich von „Stilllegung von Dieselfahrzeugen“ und der „Entwertung von Betriebsvermögen“ – das sei schon „sehr merkwürdig“, meint Lahl. Offenbar gehe es der Kammer mehr um „Stimmungsmache“ und „politische Bewertungen“ als um die „Interessenvertretung der Betriebe“. Sollte die Kammer die Ausnahmeregelungen für bedeutungslos halten, könne darauf ja verzichtet werden, da zur „ schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte die Zahl der Ausnahmen so klein wie möglich gehalten“ werden sollte. Die Kammer wolle sich zum Brief nicht äußern, sagt eine Sprecherin. Lahl hingegen schließt seinen Brief mit den Worten: „Für eine Stellungnahme wäre ich Ihnen sehr verbunden.“