Während in Stuttgart mit 1. Januar auch Euro-5-Diesel nicht mehr überall fahren dürfen, kommt Sindelfingen vorerst ohne Luftreinhalteplan aus, die Stickoxid-Werte sinken beständig. Aber in Böblingen könnten sogar Fahrverbote drohen.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Böblingen - Eines können sich die Städte im Landkreis Böblingen zumindest auf die Fahnen schreiben: Die Luft ist hier immer noch weniger dreckig als in Stuttgart. In der Landeshauptstadt lag das Jahresmittel bei den Stickoxidwerten im Jahr 2018 bei 71 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, im Jahr 2019 waren es nach vorläufiger Auswertung 54 Mikrogramm. In Böblingen, Sindelfingen und Herrenberg waren es weniger, aber die Grenzwerte von 40 Mikrogramm wurden trotzdem nicht überall eingehalten. Muss man Fahrverbote wie in Stuttgart fürchten, wo seit dem 1. Januar auf vier Straßen auch Euro-5-Diesel nicht mehr fahren dürfen?

 

Böblingen hat Stickoxide nicht im Griff

In Böblingen sind Fahrverbote nicht ganz auszuschließen. Die Problemzone ist die obere Poststraße. Im Jahr 2018 wurden dort im Jahresmittel 49 Mikrogramm gemessen, 2019 waren es 44 Mikrogramm. Das ergaben die Messungen der Stadt. Dieser Wert spiegelt zwar nur das vorläufige Jahresmittel bis September wieder, die Werte für das ganze Jahr liegen noch nicht vor. Aber werden die Grenzwerte übers gesamte Jahr überschritten, könnte das Regierungspräsidium Stuttgart – dort werden diese Entscheidungen gefällt – Konsequenzen einfordern.

Man habe schon im Herbst beim Regierungspräsidium nachgefragt. „Dort hieß es, man wolle noch einmal alles durchrechnen und laufende Rechtsstreitigkeiten abwarten“, sagt Frank Bader vom zuständigen Tiefbau- und Grünflächenamt in Böblingen. Er gibt aber auch zu: Es sei ein Bangen, ob man am Ende unter der 40-Mikrogramm-Grenze liege. Denn an der oberen Poststraße etwas zu verändern sei schwierig. Baulich könne man wenig tun. Den Verkehr umzuleiten würde die angrenzenden Straßen belasten. Daher könnten erhöhte Werte zu Fahrverboten führen, fürchtet Bader. „Wir hoffen, dass der Trend nach unten bei den Messwerten anhält.“ Wann die Stadt Böblingen endgültig weiß, ob das gelungen ist und ob ein Luftreinhalteplan gefordert ist, ist auch noch unklar.

Sindelfingen kommt am Luftreinhalteplan vorbei

In Sindelfingen ist die Mission Luftreinhaltung vorerst gelungen: Man konnte die Stickoxid-Werte unter den Grenzwert von 40 Mikrogramm drücken. Nachdem 2018 der Jahresmittelwert an der Hanns-Martin-Schleyer-Straße laut der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) bei 45 Mikrogramm lag, betrug dort im Jahr 2019 der vorläufige Mittelwert 37 Mikrogramm. Deswegen sieht das Regierungspräsidium Stuttgart nach eigenen Angaben von einem Luftreinhalteplan ab.

Haben die Maßnahmen der Stadt also gegriffen? „Das liegt auch am Wetter“, sagt Ulrike Egenolf, die in Sindelfingen für Umweltthemen verantwortlich ist. Zwar gibt es für Sindelfingen noch keine finale Auswertung der Messwerte für 2019, aber die Experten seien sich sicher, dass man bei den Stickoxiden im grünen Bereich bleibe. Damit das auch in den kommenden Jahren so bleibt, soll im Zuge des Mobilitätskonzeptes 2035 der Stadtbusverkehr neu konzipiert, neue Radschnellwege geschaffen und das im September gestartete Verleihsystem RegioRad ausgebaut werden. Dazu wurde mit Fördergeldern eine Stelle für Luftreinhaltung und nachhaltige Mobilität geschaffen.

Auch Herrenberg ist im grünen Stickoxid-Bereich

Leonberg und Herrenberg sind die Städte im Kreis, die schon einen Luftreinhalteplan haben. Seit mehr als zehn Jahren sind sie Umweltzonen. In die Herrenberger Kernstadt darf man seit 2013 nur mit einer grünen Plakette fahren. Ein Schadstoffproblem blieb trotzdem: 2017 lagen die Stickoxid-Werte mit 47 und 2018 mit 41 Mikrogramm jeweils über dem Grenzwert. Die bisherigen Messwerte für 2019 deuten an, dass dieser Trend nach unten beigehalten wird. Die vorläufigen Werte liegen bei 36 Mikrogramm. Außerdem nimmt Herrenberg am Modellprogramm „Saubere Luft“ des Bundes teil – eine von fünf deutschen Städten. Das bedeutet 4,5 Millionen Euro Fördergelder für eine bessere Rad-Infrastruktur, eine Mobilitäts-App für Smartphones und einen besseren öffentlichen Verkehr. Damit gibt man sich vorerst zufrieden. Weitere Maßnahmen sind laut einer Sprecherin nicht geplant.