Das Nürtinger Welthaus hat eröffnet. Die Pläne waren ambitioniert: Ein Haus für fairen Konsum schaffen, bezahlbare Mieten generieren und das gesellschaftliche Miteinander in der Stadt fördern.

Seit 30 Jahren steht fairer Handel in Nürtingen im Fokus, seit 27 Jahren gibt es einen Weltladen – seit sechs Jahren treibt die Bürger:innen Genossenschaft Nürtingen, die sich aus dem Weltladen heraus gegründet hat, das Thema Welthaus um. Die Vision: Ein Haus für fairen Konsum schaffen, bezahlbare Mieten generieren und das gesellschaftliche Miteinander in der Stadt fördern. Nun ist der Traum mit der Eröffnung des Welthauses in der Fußgängerzone Wirklichkeit geworden.

 

Das Projekt ist ehrgeizig und Teil des Netzwerks der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27): Die Genossenschaft hat im Juli 2023 für knapp 1,1 Millionen Euro mitten in der Nürtinger Innenstadt ein Geschäftshaus gekauft und es in Eigenleistung umgebaut. Die Umbaukosten belaufen sich auf rund 170 000 Euro. Seit gut zwei Wochen hat im Erdgeschoss der Nürtinger Weltladen eine neue Heimat gefunden, das erste Obergeschoss ist noch vermietet, im zweiten Obergeschoss gibt es eine „Weltküche“, im Dachgeschoss sind Wohnungen untergebracht. Der Weltladen ist nun barrierefrei zugänglich und hat ein etwas vergrößertes Sortiment.

Räume des Welthauses werden auch vermietet

„Der Laden wird sehr gut angenommen“, zieht Werner Krempel, Mitinitiator und Mitglied im vierköpfigen Vorstand der Genossenschaft Nürtingen, ein positives Fazit. Das Herzstück ist die „Weltküche“ – der multifunktionale Raum wird bereits rege von Gruppierungen und Organisationen aller Art genutzt. Es wird zusammen gekocht, gestrickt oder getont. Neben regelmäßigen Nutzern, etwa Volkshochschule und Haus der Familie, sowie Eigenformaten der Genossenschaft wie der „Resteküche“ gibt es auch die Möglichkeit, die Räume privat oder gewerblich anzumieten.

Das Nürtinger Welthaus ist eröffnet – in bester Lage mitten in der Fußgängerzone. Foto: Kerstin Dannath

Durch Leerstand wird das Welthaus bekannter

Es habe sich eine gewisse Eigendynamik entwickelt, vor allem dank der Zwischennutzung, erklärt Dirk Funck von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU), der ebenfalls im Vorstand der Genossenschaft sitzt. Denn nachdem die Mieterin im Erdgeschoss früher als erwartet ausgezogen war, standen die Genossen erst einmal vor einem Problem: „Wir hatten Räumlichkeiten in 1-a-Lage im Leerstand. Es stellte sich die Frage, was fangen wir damit an?“ Aus der Not – letztlich braucht die Genossenschaft auch Mieteinnahmen, um das ehrgeizige Gesamtprojekt zu stemmen – wurde die Idee einer Zwischennutzung geboren.

Von Januar bis November 2024 bespielten verschiedene Gruppen von Stadtjugendring über HfWU und Nürtinger Klimataskforce bis zu Unverpackt- und Weltladen die Räumlichkeiten. Die Koordination war ziemlich aufwendig, habe sich aber gelohnt – in elf Monaten gaben sich 37 Institutionen die Klinke in die Hand, 16 Ausstellungen wurden gezeigt und über 5000 Besucher gezählt. „Dadurch sind wir mit unserer Idee in Nürtingen angekommen. Jeder weiß, was das Welthaus ist“, erklärt Krempel.

Oberbürgermeister Johannes Friedrich: „Ein sehr bedeutsames Projekt“

Gestartet ist die Bürgergenossenschaft 2023 mit 200 Mitgliedern, die jeweils Geschäftsanteile im Wert von mindestens 400 Euro gezeichnet hatten. Mittlerweile gibt es 384 Mitglieder mit 1826 Anteilen – damit beläuft sich das Eigenkapital der Genossen auf 730 400 Euro. „Wir hoffen, dass wir bald die 400er-Marke bei den Genossen knacken“, sagt Krempel. Auch der Traum ist lange noch nicht ausgeträumt – auf lange Sicht ist geplant, dass der Weltladen ins erste Obergeschoss erweitert werden soll. „Aber das wird erst in ein paar Jahren soweit sein“, sagt Krempel, er rechnet für diesen Umbau mit mindestens noch einmal 200 000 Euro: „So eine große Investition muss gestemmt werden.“ Für Nürtingens Oberbürgermeister Johannes Friedrich ist das das Nürtinger Welthaus aber schon jetzt längst in der Stadt angekommen: „Das ist ein sehr bedeutsames Projekt, das viel für die Belebung der City tut.“

Weitere Informationen online unter: www.welthaus-nt.de