Auch rund einen Monat nach dem Attentat auf einen Berliner Weihnachtsmarkt sind noch viele Fragen offen. Wie lassen sich rasch Antworten finden? Darüber sind sich Union und SPD noch nicht einig.

Berlin - Die SPD ist offen für den Vorstoß der Union, im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri einen Untersuchungsausschuss des Bundestags einzusetzen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hält allerdings einen Sonderermittler für das wirksamere Instrument, um rasch Licht in den Fall zu bekommen. „Wir sind uns alle einig, dass der Fall Amri umfassend aufgeklärt werden muss“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Dabei können wir auch über einen Untersuchungsausschuss reden. Allen muss aber klar sein, dass dies ein langwieriges, monatelanges Verfahren werden wird.“

 

In der neuen Woche solle man im Innenausschuss und im parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags einen ersten Überblick erlangen. Er wolle eine Verständigung mit allen Fraktionen suchen und gemeinsam überlegen, welcher Weg richtig sei, um schnellstmöglich Klarheit zu bekommen. „Dabei halte ich die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers für ein wirksames Instrument“, sagte Oppermann. Ein Sonderermittler sollte einen ersten Bericht in sechs Wochen vorlegen. „Dann können wir Sicherheitslücken auch schnell schließen.“

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte sich zuvor ablehnend zum Vorschlag aus den Reihen der SPD geäußert, zur Aufklärung möglicher Behördenpannen einen Sonderermittler im Bundesinnenministerium und den betroffenen Landesministerien einzusetzen. Er sagte, es werde darüber diskutiert, ob es im Fall Amri Koordinationsprobleme zwischen Bund und Ländern gegeben habe. „Wenn man der Meinung ist, da muss noch mehr gemacht werden, bin ich für einen Untersuchungsausschuss offen.“

Bei einer Aufklärung per Sonderermittler werde erst einmal monatelang gar nichts passieren. Zudem sei ein solcher Ermittler kein parlamentarisches Instrument. „Der arbeitet vor sich hin. Und der Bundestag selber hat da gar keine Informationen“, sagte Kauder.

Anis Amri angeblich Drogenkonsument

Der 24-jährige Tunesier Anis Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert, 12 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt. Der Islamist war wenige Tage später bei einer Polizeikontrolle in Mailand erschossen worden.

Amri nahm nach einem Medienbericht selbst Drogen und finanzierte sein Leben weitgehend als Dealer. Der Tunesier habe regelmäßig Ecstasy und Kokain konsumiert, berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf den Sachstandsbericht zu dem Terroranschlag. Mit diesem werde sich das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags an diesem Montag befassen. Schon in seiner Heimat war der 24-Jährige demnach wegen Drogendelikten aufgefallen. Ermittler fragten sich, ob er bei dem Anschlag unter Drogeneinfluss gestanden habe.

Die Linksfraktion im Bundestag verlangte Aufklärung, ob Sicherheitsbehörden Amri als Quelle in der Islamistenszene genutzt haben. „Es gibt eine Menge Indizien, dass da etwas faul ist“, sagte Frank Tempel, der Vizefraktionschef der Linken, der „Bild am Sonntag“. „Wir müssen aufklären, ob im Fall Amri die Informationsbeschaffung aus der Islamistenszene vor der Gefahrenabwehr kam.“