Das Paradies befindet sich in Holzgerlingen, während Schönaichs Bürgermeister weiterhin ein schweres Kreuz trägt.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Zwischen Holzgerlingen und Schönaich (Kreis Böblingen) liegen Welten. Während die Holzgerlinger bis zum 7. April direkt von der Haustür ins Paradies laufen können, scheint in der Nachbarkommune genau das Gegenteil der Fall zu sein. Die frohe Botschaft zuerst: 20 Stationen umfasst der Osterweg in Holzgerlingen, der sich auf die Spuren von Jesus macht – von seinem Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung. Dazwischen liegen knapp sechs Kilometer, aber am Ende erreiche der Wanderer das Paradies, verspricht die evangelische Kirchengemeinde. Es liegt – natürlich – im Pfarrgarten. Vorher gibt es Bibelsprüche, Installationen und Tafeln zu Themen wie „Einsam und verlassen“, „Enttäuschte Hoffnungen“ oder „Die letzten Worte“.

 

Möglicherweise könnte auch Daniel Schamburek auf diesem Weg zur Besinnung kommen. Schönaichs neuer Bürgermeister hat nämlich Aufruhr verursacht: „Die Gemeinde befindet sich in einer ernstzunehmenden wirtschaftspolitischen und finanziellen Schieflage“, erklärte er dem Gemeinderat und forderte zusätzliches Personal für Wirtschaftsförderung und Haushaltskonsolidierung. Schönaich weise die landkreisweit niedrigste Steuerkraft auf, argumentierte er, die Pro-Kopf-Verschuldung befinde sich mit 756 Euro an der geduldeten Höchstgrenze. Gehäuft wanderten Betriebe ab, oft in die Nachbarschaft (was ihnen niemand verdenken kann, denn dort liegt bekanntermaßen das Paradies).

Mit dem Ausbau soll schon Ende 2019 begonnen werden

Doch seine Stelle für „aktive Politik“ stieß auf Ablehnung. Die SPD glaubt nicht, dass sich eine solch „eierlegende Wollmilchsau“ überhaupt für Schönaich finden ließe, und lud die Aufgabe dem Bürgermeister auf. Mit der Einschätzung liegen sie wohl gar nicht so falsch, denn laut Daniel Schamburek arbeiten im Rathaus schon alle am Anschlag. Die Grünen empfahlen ihm, nichts zu überstürzen und „das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden“. Die CDU sieht nicht einmal das Problem: Schönaich sei weit davon entfernt, pleite zu sein, meinte die Fraktion. Einsam und verlassen stimmte Daniel Schamburek als einziger für seinen Vorschlag. Seine enttäuschte Hoffnung ließ er sich nicht anmerken: „Ich werde mit einer verbesserten Vorlage zurückkommen, lauteten seine letzten Worte an dem Abend. Während der Bürgermeister sein Kreuz bis auf weiteres tragen muss, betreiben Paul Nemeth und Marc Biadacz (beide CDU) kurz vor Ostern „aktive Politik“ für den Wirtschaftsstandort und das Seelenheil seiner Bewohner.

Der Landtagsabgeordnete Paul Nemeth hat bei der Suche nach Ostergeschenken ein dickes Ei gefunden: Er fordert vom grünen Landesverkehrsminister den Lückenschluss – und zwar zwischen dem Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau der A 81 in diesem Sommer und dem Beginn der Bauarbeiten im Herbst 2020. „Die Entlastung der angespannten Verkehrssituation im Wahlkreis Böblingen“ sei das Ziel, erklärt der Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz. Statt unnötig Zeit zu verschenken, solle mit dem Ausbau schon Ende 2019 begonnen werden. Dann wäre alles ein Dreiviertel Jahr früher fertig, und die Gläubigen könnten an Ostern 2024 unter anderem ungehindert nach Holzgerlingen pilgern.

Was der Hase den Sindelfingern ins Nest gelegt hat, klingt dagegen nach Inferno. 145 Säcke mit Müll füllten die fleißigen Putzete-Teilnehmer. „Leider wurden sehr viele Alkoholflaschen, Scherben und Unmengen von Zigarettenkippen gefunden“, teilt die Stadt mit. Diese Bilanz führt zu dem erschütternden Fazit, dass zu viele Sindelfinger ihr Abendmahl eher in flüssiger Form zu sich nehmen – und den Holzgerlinger Pfarrgarten niemals betreten werden.