Falsche Polizisten in Stuttgart Rentner stellt Betrügern eine filmreife Falle

Wenn sich ein vermeintlicher Polizist am Telefon meldet, ist Vorsicht geboten. Foto: dpa

Viele Senioren fallen auf die Tricks der Betrüger herein, die sich als Polizisten ausgeben. Doch nicht so Werner Scholz aus dem Stuttgarter Süden. So half er der Polizei, ein Bandenmitglied zu schnappen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Alles ist friedlich im Garten oberhalb des Bopsers. Die betagte Dackeldame der Familie streicht durch den Garten und hechelt, Werner Scholz entspannt im Schatten der alten Bäume und trinkt kühlen Rhabarbersaft. Ein Nachbar putzt vorm Haus trotz der Mittagshitze seinen Mercedes. So ruhig geht es hier meistens zu. Doch dieser Tage hat sich dort ein regelrechter Krimi abgespielt: Hier witterten Betrüger das große Geld, und wähnten sich schon nahe am Ziel. Mit der Masche der falschen Polizeibeamten wollten sie den 81-Jährigen hereinlegen. „Nicht mit mir! Mich legen die nicht aufs Kreuz, ich krieg die dran“, das hat sich der Rentner geschworen, als er im vergangenen Herbst einen ähnlichen Anruf erhalten hatte, den er abwimmelte.

 

In der Zeitung ließt Werner Scholz immer wieder von den Fällen, in denen Altersgenossen um ihr Hab und Gut gebracht werden. Daher erkennt er an jenem Nachmittag Anfang Juli sofort, dass er es mit einem solchen Fall zu tun hat. „Um 15 Uhr klingelte das Telefon. Der Anrufer sagte, er sei der Herr Schwarz von der Kriminalpolizei“, erzählt Scholz. Die Kripo habe zwei Delinquenten in der Nähe des Teehauses festgenommen, die auch bei Herrn Scholz einbrechen wollten. Einen Zettel mit der Adresse habe man bei ihnen gefunden, „da steht, dass sie auch Goldmünzen haben“, so der angebliche Herr Schwarz weiter.

Filmreife Leistung: Der Rentner legt die Betrüger herein

Ab diesem Zeitpunkt schaltet Werner Scholz um und wird zum filmreifen Opfer-Darsteller, der es in einen Miss-Marple-Filme schaffen könnte – respektive Mr Marple. „Jaja, Krügerrand und Schweizer Vreneli, das habe ich in Goldmünzen“, so seine Antwort. Der Köder ist ausgelegt – die Täter schnappen zu: Sie wittern fette Beute. Auch nach Bargeld fragen sie, und sprechen von der hohen Gefahr, die besteht, und dass sofort jemand kommen und helfen werde. „Wie schaffe ich es nun, gleichzeitig die Polizei zu rufen“, überlegt Werner Scholz parallel. Er muss weg vom Telefon, ohne dass der Anrufer Verdacht schöpft. „Ich bekomme gleich noch Besuch“, flunkert er. Doch die Anrufer sind ebenfalls mit allen Wassern gewaschen. Das ginge jetzt nicht, er dürfe unter keinen Umständen auflegen, und ob er auch sicher kein zweites Telefon habe, sagen sie. „Das wollen die natürlich wissen, damit sie sichergehen können, dass ich nicht die Polizei vom zweiten Apparat verständige“, erläutert Scholz. „Nein, nein, Handy, so etwas brauch ich nicht“, flunkert er weiter. Und klopft mit der Faust gegen den Türrahmen. „Ist das ihr Besuch?“ fragt da der Anrufer leicht nervös. „Ingrid, wie schön, dass Du da bist“, schauspielert Scholz dem Anrufer vor, und vereinbart mit ihm, den Hörer neben das Telefon zu legen. „Ja, ich bin etwas früher dran“, antwortet Scholz sich selbst mit verstellter Stimme in der Rolle der Ingrid. Die Zeit, die er nun – scheinbar – mit seinem Besuch verbringt, nutzt Scholz, um die echte Polizei zu alarmieren.

Die Kriminalpolizei ist sofort zur Stelle

Die fackelt nicht lange: Wenige Minuten später sitzen zwei Kriminalbeamte mit Pistole am Gürtel und Aufnahmegerät am Wohnzimmertisch. Sie hören erst mit, wie Werner Scholz ein weiteres Mal oskarreif die Besucherin Ingrid spielt, die sich verabschiedet, und dann hören sie beim weiteren Gespräch mit dem Trickbetrüger mit. Der schaltet jetzt noch mal einen Gang hoch, holt den „Kollegen“ König mit dazu, und nun geht es schnell. Sie wollen wissen, wie viel Geld der Rentner im Haus hat. „5800 Euro“, behauptet er. Der Anrufer, der sich König nennt, behauptet, für die Staatsanwaltschaft Fotos der Münzen – Krügerrand und Vreneli – zu brauchen und will einen Kollegen schicken. Ein Herr Sanchez würde sich melden. Als Scholz behauptet, er müsse gleich weg, geht es Schlag auf Schlag: Keine fünf Minuten später klingelt es an der Haustür und der angebliche Herr Sanchez kommt herein. Er folgt dem Senior in den ersten Stock. Dort lauern die beiden Kriminalbeamten, einer hinter der Wohnungstür, einer im Schlafzimmer. „Wie die Habichte“, beschreibt Werner Scholz, stürzen sie sich auf den Geldboten. Der kann sich noch mal losreißen, aber am Fuße der Treppe holen ihn die Polizisten ein. Drei Streifenwagen fahren vor, der Verdächtige wird weggebracht und sitzt seither in Untersuchungshaft.

Bei seiner schauspielerischen Leistung hat Werner Scholz neben den Kriminalbeamten noch zwei Zuschauer. Frau und Sohn sitzen im Wohnzimmer. Ihre Regieanweisung: Kein Mucks. Denn ebenso, wie die Täter nicht wollen, dass das Opfer auflegt, wollen sie nicht, das weitere Zeugen im Haus sind, die sich eventuell einmischen und den Senior, der geprellt werden soll, von der Geldübergabe abhalten. Auch die beiden Beamten sind still, halten höchstens Zettel hoch, was der Senior sagen soll – und was nicht.

Im Nachhinein erklärt die Polizei dem Kaufmann im Ruhestand viel über die Vorgehensweise der Trickdiebe. „Woher wissen die nur, dass mehrere Namen an der Klingel stehen, und dass wir zwei Garagen haben?“ rätselt er. Die Antwort: Die Täter suchen sich die Opfer im Telefonbuch aus. Dann schauen sie sich die Adresse auf Google Maps an, und kennen schon erste Details, mit denen sie Ortskenntnis vortäuschen können.

„Ich mache das wieder so“, dessen ist sich Werner Scholz sicher. „Es kann ja nicht sein, dass die alte Leute überreden, ihr Erspartes herauszugeben. Wo sind wir denn da“, wettert er.

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