Es ist ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Fake-News-Debatten in Deutschland. Im Mittelpunkt steht ein abstruser Text über angeblich chaotische Silvesterfeiern in Dortmund, veröffentlich auf der rechtspopulistischen US-Nachrichtenseite „Breitbart“.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die Überschrift ist deutlich: „1000-Mann-Mob setzt Deutschlands älteste Kirche in Brand“ steht über einem Text bei „Breitbart“-News. Der englischsprachige Bericht erzeugt den Eindruck, dass in Dortmund während einer Silvesterfeier Ausländer mit Feuerwerkskörpern gegen andere Besucher und Polizisten vorgegangen seien und das Dach der Reinoldikirche in Brand gesetzt hätten. Der Bericht bezieht sich dabei in verfälschender Weise auf einen Bericht der „Ruhr Nachrichten“. Deren Reporter war am Silvesterabend in der Dortmunder Innenstadt und hat über die Nacht berichtet. Allerdings wurden die Fakten überdreht, verfälscht und in dieser Form schließlich über soziale Netzwerke verbreitet.

 

Bei „Breitbart“ liest es sich so, dass ein Mob von mehr als 1000 Männern „Allahu Akbar“ geschrien, Polizisten attackiert und eine historische Kirche in Brand gesetzt habe. Die Berichterstattung zeichnet ein düsteres, bedrohliches Bild von der Silvesternacht in Dortmund. Für den Leser scheint es so, als sei die Lage dort in der Nacht zum neuen Jahr vollkommen außer Kontrolle geraten.

Nun hat die Polizei auf den falschen Bericht reagiert und eine detaillierte Einsatzbilanz der Silvesternacht in Dortmund veröffentlicht. Die zuständige Behörde stellte klar: „Herausragende oder spektakuläre Silvestersachverhalte wurden bis zum heutigen Tage nicht gemeldet.“ Auf einem Platz in der Innenstadt hätten sich rund 1000 Menschen versammelt. Es sei zwar zum Teil zu unsachgemäßem Einsatz von Silvesterfeuerwerk gekommen, dies sei jedoch unterbunden worden.

Die Feuerwehr hatte am Neujahrstag gemeldet, dass es durch eine Silvesterrakete zum Brand eines Gitterschutznetzes an der Reinoldikirche gekommen sei. Mit dem Netz ist ein Baugerüst verkleidet. Das Feuer sei schnell gelöscht worden. Die Polizei hat nach Angaben einer Sprecherin „keinerlei Erkenntnisse, dass die Rakete absichtlich abgefeuert wurde“.

Das rechtspopulistische Internetportal wurde im US-Wahlkampf berühmt - der frühere Chefredakteur Steve Bannon ist Chefberater des designierten US-Präsidenten Donald Trump. „Breitbart“ vor einigen Wochen angekündigt, sich auch in Europa weiter ausdehnen zu wollen. Bisher gibt es nur einen Ableger in Großbritannien. Politiker wie die Chefin des rechtspopulistischen Front National, Marine Le Pen, in Frankreich, haben die Absicht begrüßt.

Kampf gegen Fake-News

Wie die Internet-Seite Meedia berichtet, wappnen sich zahlreiche Medien wappnen im Kampf gegen falsche Informationen im Netz und organisieren sich im Netzwerk First Draft Coalation. Das Bündnis will Fakten schneller checken und Falschmeldungen enttarnen. Zum Jahreswechsel wächst die Organisation um 40 internationale Medien, darunter die dpa oder Zeit Online sowie Guardian und BBC. Auch Google und Facebook sind an Bord.

Das Netzwerk soll die Kräfte der Partner bündeln, um in der Recherche und Verifikation von Geschichten aus dem Netz effizienter arbeiten zu können, schreibt Meedia. So wollen sich die Partner über einen virtuellen Newsroom über Fake News austauschen, ihre Ergebnisse auch mit der Öffentlichkeit teilen und gemeinsame Standards für den Umgang mit Fake News erarbeiten. Dafür sollen über die Koalition beispielsweise Mitarbeiter-Schulungen organisiert werden, heißt es. Gegründet wurde die Coalation unter anderem vom Google News Lab, storyful dem Eyewitness Media Hub.

Absichtlich lancierte Falschmeldungen und verfälschende Zuspitzungen prägten die Endphase des amerikanischen Wahlkampfs und alarmierten auch hierzulande Politiker. Im Innenministerium wird darüber diskutiert, ein Abwehrzentrum gegen Desinformation einzurichten.