Das Haus Rohrer Höhe beherbergt betreute Wohnungen, bislang aber auch eine Tagespflege. Die soll wegen geringer Auslastung Ende März aufgelöst werden. Foto: Alexandra/ Böttinger
Die Stadt will die Tagespflege im Haus Rohrer Höhe schließen. Der Grund: Das Haus sei schlecht ausgelastet und seit Jahren defizitär. Die Angehörigen der alten Menschen sind entsetzt und suchen selbst nach zusätzlichen Kunden. Doch reicht die Zeit?
Es war nicht einfach für die Familie, einen guten Platz in einer Tagespflege zu finden. Der Mann von Petra Denk-Friedrichs hatte im Alter von 61 Jahren einen Schlaganfall, einige Zeit danach noch eine Hirnblutung. Inzwischen ist der 64-Jährige, der noch bei vollem Bewusstsein ist, aber auf Pflege angewiesen, Frau und Sohn sind berufstätig. Was also tun?
„Es ist wichtig, dass es ein Platz ist, wo er nicht abgeschoben wird“, sagt seine Ehefrau. Da erwies sich das Haus Rohrer Höhe als Glücksfall. In den Gebäuden mit insgesamt 72 betreuten Wohnungen gibt es auch eine Tagespflege mit 15 Plätzen. Die Anlage ist ansprechend, die Lage direkt am Waldrand sehr schön. Ihr Ehemann sei nun seit bald einem Jahr tagsüber dort und erhalte eine „liebevolle Betreuung, die weit über das übliche Maß hinausgeht“, lobt Petra Denk-Friedrichs das Pflegepersonal.
Auslastung der Tagespflege nie über 40 Prozent
Deshalb war es ein Schock für sie und andere Angehörige, als der städtische Eigenbetrieb Leben und Wohnen (ELW), der die Anlage der Rudolf- und-Herrmann-Schmid-Stiftung betreibt, die Verträge auf Ende März gekündigt hat. „Wir waren alle entsetzt“, sagt Petra Denk-Friedrichs. Sie und einige andere Familien wollen das nicht hinnehmen.
Die Lage der Tagespflege sei schwierig, sagt Marc Bischoff vom Träger. Foto: ELW
Die Tagespflege im Haus Rohrer Höhe sei „seit Jahren defizitär“, begründet Marc Bischoff, der Geschäftsführer des ELW, den Schritt. „Wir sind mit der Auslastung nie über 40 Prozent hinausgekommen, egal was wir unternommen haben.“ Und Bischoff betont: Man habe lange überlegt, was man tun und wie man weiter vorgehen solle. Zuletzt entschloss man sich, die Tagespflege zu schließen. Mit Einrichtungen wie dieser verhalte es sich ähnlich wie mit einer Kita: Entscheidend für die Nachfrage sei die Erreichbarkeit und die Einbindung in einen Stadtteil, sagt Marc Bischoff. Das Haus Rohrer Höhe liege aber doch etwas „ab vom Schuss“.
Den Familien bot man Ersatzplätze an: entweder in der bestehenden städtischen Tagespflege in Sonnenberg oder ab April in einer neuen Einrichtung im Nordbahnhofviertel. ELW-Chef Bischoff findet, das müsse nicht unbedingt ein Nachteil für die Angehörigen sein. Schließlich sei die Tagespflege mit einem Hol- und Bringdienst verbunden. Bei einem Umzug etwa nach Sonnenberg verlängere sich die Fahrt lediglich um etwa 20 Minuten.
Wurde zu wenig Werbung für die Einrichtung gemacht?
Einige der Familien haben dagegen Einspruch erhoben. Die alten Menschen würden aus ihrer „vertrauten Umgebung“ gerissen, das sei „weder menschlich noch medizinisch förderlich“, sagt Petra Denk-Friedrichs. Das hat sie auch deutlich gemacht bei einem Gespräch Ende November mit Marc Bischoff, der sie eingeladen hatte. Die Angehörige findet auch das Argument mangelnder Auslastung „wenig überzeugend“ und betont: „Es wurde bislang doch keine nennenswerte Öffentlichkeitsarbeit oder gezielte Werbung für die Tagespflege betrieben.“ Wenn sie Menschen auf die Einrichtung anspreche, „sagen alle: Noch nie davon gehört“, sagt Denk-Friedrichs.
Das sieht der ELW-Chef anders, nimmt die Sache aber „sportlich“, wie er sagt. Konkret heißt das: Weil vier Angehörige in dem Gespräch erklärt haben, die Werbetrommel für die Tagespflege im Haus Rohrer Höhe zu rühren, ist Bischoff ihnen entgegengekommen mit dem Angebot, dafür Werbematerial wie Plakate und Flyer zur Verfügung zu stellen. Sollte die Aktion im Bezirk tatsächlich erfolgreich sein und die Nachfrage nach den Tagespflegeplätzen relevant steigen, wäre es „einfach, die Kündigung des Versorgungsvertrages zurückzunehmen“, sagt Marc Bischoff.
Ende Februar trifft man sich wieder
Petra Denk-Friedrichs und ihre Mitstreiter nehmen die Herausforderung an, auch wenn sie moniert, dass die Werbemittel erst Ende Dezember zur Verfügung gestanden hätten. Die Aufgabe ist anspruchsvoll. Petra Denk-Friedrichs weiß: Für die Einrichtung, die nicht von allen Kunden jeden Tag besucht werde, brauche man insgesamt 30 bis 35 Gäste. „Ende Februar werden wir uns wieder zusammensetzen“, sagt ELW-Chef Marc Bischoff. Bisher seien allerdings „noch keine Anfragen eingegangen“.