Unser Autor Peter Stolterfoht soll das Zeltlager seines Sohnes als Betreuer begleiten. Allein der Gedanken daran, reißt bei ihm alte Wunden auf.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Ich habe gewusst, dass diese Frage irgendwann kommt. Meine Angst vor ihr war aber so groß, dass ich nicht in der Lage gewesen bin, mir eine passende Antwort zurechtzulegen. Deshalb konnte ich, als es soweit war, auch nicht mehr als ein seltsames grunzendes Pfeifen zwischen den Lippen hervorpressen. Der Fußballtrainer meines jüngeren, bald elfjährigen Sohnes wollte von mir wissen, ob ich es mir denn vorstellen könne, die Mannschaft als Betreuer ins Zeltlager zu begleiten. Der Trainer, irritiert vom Geräusch, das von seinem schockstarren Gegenüber stammt, verabschiedete sich schnell mit den Worten: „Du kannst ja mal in Ruhe darüber nachdenken.“ „Mal“ ist gut, ich denke seit Tagen an nichts anderes mehr.

 

Die Liste traumatischer Erlebnisse ist lang

Ich hasse Zelten aus tiefstem Herzen. Und ich habe so viele Gründe dafür. Ich weiß gar nicht, wo anfangen bei der Aufzählung? Am besten mit den traumatischen Erlebnissen. Meine erste und einzige Zeltfreizeit hatte ich - wie nun mein Sohn - als E-Jugendlicher mit dem Fußballverein. Fünf Tage Kupferzell. Aber vor allem fünf Nächte, in denen es im Hohelohekreis entweder unerträglich heiß war oder unerträglich laut, weil sich mal wieder direkt über meinem Zelt ein Tropengewitter entlud. Jedenfalls war in genau gar keiner Nacht an schlafen zu denken, während man stundenlang diesen furchtbaren Zeltgeruch in der Nase hat. Da will man doch nur noch zurück ins eigene Bett. In Zelten fließen viele Kindertränen.

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Auch zum Heulen: die sanitären Anlagen auf einem Zeltplatz. Schon der Weg dorthin ist mit unzähligen gefährlichen Stolperfallen aus Heringen und Befestigungsseilen gepflastert. Gerade nachts ist das ein hochgefährlicher Horrortrip. Tagsüber ist es nicht viel besser, weil einen am Ziel grundsätzlich eine lange Schlange vor einer, hier passt dieser Begriff, Nasszelle (eklig) erwartet. Von den Toiletten ganz zu schweigen.

Das letzte Zelten liegt 30 Jahre zurück

Das zweite und letzte Mal gezeltet, habe ich vor etwa 30 Jahren anlässlich eines Musikfestivals in Moers am Niederrhein. Negativer Höhepunkt war dort die vorletzte Nacht, in der sich der Zeltnachbar gegen 3 Uhr morgens über meiner Behausung erbrechen musste.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was passiert, wenn ich einen dritten Anlauf wage, den ich eigentlich ausgeschlossen hatte. Mein Vorschlag zur Güte für den Trainer und die weiteren Zeltlagerorganisatoren im Verein: Ich fahre als Betreuer mit, sitze die Sache am Lagerfeuer bis Mitternacht aus und verabschiede mich dann aber in mein Hotelzimmer in der Nähe des Zeltplatzes. Mehr Entgegenkommen geht leider nicht.

Die beiden Söhne von Stuttgart-Reporter Peter Stolterfoht (14 und zehn) hören einen Satz täglich von ihm: „Also, wenn ich mir das bei meinem Vater erlaubt hätte. . ., nicht auszudenken.“