Wolfgang Porsche Diplomat im Dienste der PS-Dynastie
Der Multi-Aufsichtsrat und Familiensprecher Wolfgang Porsche braucht viel Fingerspitzengefühl. Die Geschichte der PS-Dynastie ist von Rivalität zwischen den Porsches und Piëchs gekennzeichnet.
Der Multi-Aufsichtsrat und Familiensprecher Wolfgang Porsche braucht viel Fingerspitzengefühl. Die Geschichte der PS-Dynastie ist von Rivalität zwischen den Porsches und Piëchs gekennzeichnet.
Stuttgart - Wolfgang Porsche feiert am Freitag seinen 76. Geburtstag. Der Milliardär könnte es schon lange etwas ruhiger angehen lassen und etwa mehr Zeit dem Malen von Stillleben widmen. In seiner Salzburger Villa zeigt er dem Besucher aus Stuttgart seine eigenen Bilder und Werke von Künstlern wie etwa Nagelbilder von Günther Uecker oder eines der tiefblauen Bilder von Yves Klein, die er hier versammelt hat.
Der Multi-Aufsichtsrat ist immer noch viel geschäftlich unterwegs, wie ein Blick in seinen Terminkalender zeigt. Er sieht es als seine Verpflichtung an, das Erbe des Familienclans zu bewahren. Sein Großvater Ferdinand Porsche konstruierte einst den Käfer, sein Vater Ferry baute die Sportwagenproduktion in Stuttgart auf.
Wolfgang Porsche hat als Vertreter der dritten Generation 1998 nach dem Tod seines Vaters dessen Position als Sprecher des Familienstamms Porsche übernommen. Er muss in der Familie für Einigkeit in geschäftlichen Fragen sorgen, und dies gemeinsam mit Hans Michel Piëch, seinem Pendant beim Familienstamm Piëch. Hans Michel Piëch ist einer der Söhne von Ferrys Schwester Louise Piëch, die nach dem Krieg in Salzburg ein Autohandelsimperium aufbaute. Ferry Porsche hatte ebenso wie seine Schwester vier Kinder. Schon von Anfang an gab es Rivalitäten zwischen den Familienstämmen und manchmal auch heftigen Krach.
Wie wurde Wolfgang Porsche Sprecher der Familie? „Ich kam dazu wie die Jungfrau zum Kind“, sagt Porsche schmunzelnd und schiebt hinterher: „Ich glaube, das hat sich so ergeben. Ich war der Einzige aus unserer Familie, der noch in Stuttgart war. Gleichzeitig fühlte ich mich meinem Vater und der Firma sehr verbunden.“ Seit 1978 war er bereits im Aufsichtsrat des Autobauers Porsche und unterstützte seinen Vater bei der Arbeit.
Welche Fähigkeiten benötigt ein Sprecher der Familie? „Diplomatie und Fingerspitzengefühl“, sagt Wolfgang Porsche und ergänzt selbstkritisch, „wobei ich nicht immer genügend Geduld mitbringe. Manchmal sage ich: Herrgott, man muss halt darüber reden . . .“ Miteinander reden – das ist das Credo dieses Moderators, der eher als Mann der leisen Töne erscheint. „In einer Familie, in der es sehr unterschiedliche Charaktere gibt, ist es sehr wichtig, dass man mit allen diskutiert und redet.“
Das kann als Spitze gegen seinen Cousin Ferdinand Piëch verstanden werden, der in seiner aktiven Zeit nicht gerade ein großer Kommunikator war und beim Versuch der Übernahme von VW durch Porsche zum Gegenspieler wurde. Wolfgang Porsche stärkte dem damaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking den Rücken, verlor gemeinsam mit dem Westfalen 2009 den Machtkampf. Die Familie musste damals zwar den Sportwagenbauer Porsche an VW verkaufen, erhielt aber über die Porsche-Holding die Mehrheit der Stimmrechte des Autoriesen VW.
Piëch verlor dann jedoch als VW-Aufsichtsratschef 2015 einen heftigen Machtkampf mit Konzernchef Martin Winterkorn und bot daraufhin seine Anteile zum Verkauf an – was mancher in der Familie als Racheakt wertete. In einem finanziellen Kraftakt übernahm dessen Bruder Hans Michel Piëch das Paket und verkaufte einen Teil davon weiter an Mitglieder des Porsche-Stamms. Somit blieben sämtliche Stammaktien der Stuttgarter Porsche-Holding in der Familie.
Ob dies auch in Zukunft gelingen wird, ist jedoch offen. Von Generation zu Generation wächst der Clan. Derzeit wird die Verantwortung Schritt für Schritt an die vierte Generation weitergegeben. Wer soll jedoch welche Aufsichtsratsmandate übernehmen? „Es müssen nicht alle Mitglieder der Familie in ein Gremium. Ich bin froh, wenn nicht alle ein Mandat anstreben. Nicht weil ich jemanden nicht mag, sondern weil natürlich nicht alle Mitglieder einer Familie für eine solche Rolle geeignet sind“, sagt Wolfgang Porsche. Fast monatlich gibt es, wie er erzählt, einen Familientag, zu dem alle Porsches kommen können. In diesem Kreis werde auch über mögliche Aufsichtsratsmandate gesprochen. Wichtig ist ihm, dass für Vertreter der Familie, die ein Mandat anstreben, das Unternehmensinteresse im Mittelpunkt steht und nicht das eigene Ego. Es gebe auch eine ganze Reihe von Familienmitgliedern, die andere Interessen hätten und „sich überhaupt nicht darum reißen“, einen Sitz in einem Aufsichtsrat zu erhalten. Wolfgang Porsche selbst hält noch viele Zügel in der Hand. Er ist Aufsichtsratschef beim Stuttgarter VW-Mehrheitseigner Porsche-Holding, Aufsichtsrat bei VW, Aufsichtsratschef beim Sportwagenbauer Porsche AG und sitzt in etlichen weiteren Kontrollgremien von Gesellschaften des Autoimperiums.
Drei seiner vier Kinder sitzen heute in Aufsichtsräten von VW-Töchtern. Es sei ihm bei seinen Kindern wichtig gewesen, dass „jeder einen Beruf wählt, den er auch mag. Nur dann wird er in seinem Beruf auch gut sein.“ Der älteste Sohn ist Arzt, die Tochter Industriedesignerin, die zwei jüngsten Söhne studieren noch – Architektur und Wirtschaft. Eine ganze Reihe weiterer Mitglieder der vierten Generation des Auto-Clans sitzen ebenfalls in Aufsichtsräten der vielen VW-Töchter und warten womöglich auf höhere Aufgaben.
Wenn es nach Wolfgang Porsche ginge, würde Ferdinand Oliver Porsche, der Sohn seines verstorbenen Bruders Ferdinand Alexander, der nächste Sprecher des Porsche-Stamms. Dieser sitzt als einziger Vertreter der vierten Generation bereits in den Aufsichtsräten von VW und der Porsche-Holding.
Im vergangenen Jahr kamen drei weitere Vertreter der vierten Generation in den Aufsichtsrat der Holding. Noch ist indes nicht klar, wer letztendlich Wortführer wird und ob sich die Rivalität der Stämme auch in der vierten Generation fortsetzt. Ungewiss ist auch, ob der eine oder die andere zum Schluss kommt, dass es ein lohnenderes Investment gibt als die Beteiligung am VW-Konzern. Ein Konsortialvertrag sichert der Familie bei einem Ausstieg ein Vorkaufsrecht. Wolfgang Porsches Handlungsempfehlung ist klar: „Wenn einer nicht mehr will, ist es immer noch gescheiter, man zahlt ihn aus und behält die Anteile. Es muss unser oberstes Ziel sein, 100 Prozent der Stammaktien im Besitz der Familie zu behalten.“