Familienstück im Schauspielhaus Robin Hood lebt!
Viel Tempo, Körpereinsatz und starke Musik: Das Familienstück „Robin Hood“ begeistert im Stuttgarter Schauspielhaus.
Viel Tempo, Körpereinsatz und starke Musik: Das Familienstück „Robin Hood“ begeistert im Stuttgarter Schauspielhaus.
Stuttgart - Rebell, Räuber, Gesetzloser, Kämpfer für die Armen, all das ist Robin Hood. Der war „immer schon da und ist doch seit Langem nicht mehr hier, er hinterlässt viele Geschichten und Spuren (. . .), und fangen kann man ihn schon gar nicht“, raunt die Eule im Wald. Und genau deshalb zieht der Outlaw bis heute Jungen und Mädchen in den Bann. Das Familienstück „Robin Hood“, das am Sonntag im Stuttgarter Schauspielhaus Premiere feierte, folgt den Spuren von Robin und seiner Räuberbande und entführt in die verwunschen-abenteuerliche Welt des Sherwood Forest.
Die Regisseurin Corinna von Rad und die Dramaturgin Gwendolyne Melchinger begeistern mit einer bildstarken und über weite Strecken temporeichen Inszenierung und schütten ein Füllhorn der guten Einfälle aus. Das fängt gleich mit ebenjener Eule an, die als Erzähler das Publikum bei der Hand nimmt und es durch die Ballade des Königs der Wälder führt. Leise, weise, einfach herzerwärmend schnabelt sich Jürg Kienberger in die Herzen der Zuschauer. Ein Wow-Effekt gelingt Bühnenbildner Ralf Käselau mit dem kühnen Baumhaus, das er für die Rebellentruppe gezimmert hat.
Von Rad und Melchinger halten laute und leise, dynamische und ruhigere Momente in der Balance, gewinnen mit Songs und musikalischer Begleitung (stark: Matthias Loibner an der Drehleier, Jürg Kienberger am Klavier) und haben die unbändige Spielfreude ihrer Darstellerinnen und Darsteller, von denen einige in mehrere Rollen schlüpfen, als Trumpfkarte auf der Hand. Robert Rozic reißt als impulsiver Robin Hood mit, Paula Skorupa als temperamentvolle, mit starker Singstimme ausgestattete Mary, David Müller ist ein herrlich knitzer Little John.
Das Ensemble ist mit enormem körperlichem Einsatz bei der Sache; die Schauspieler rennen und klettern, hängen sich kopfüber in die Baumhausluken, zwängen sich in Rüstungen, liefern sich Stabkämpfe und verfallen dabei in Slow Motion – ein schlauer Kniff, um die Kids bei ihren von visuellen Medien geprägten Sehgewohnheiten abzuholen. Aus dem gleichen Grund kommen auch Martin Bruchmann und Boris Burgstaller als Sheriff und Assistent hervorragend an: Corinna von Rad lässt sie als moderne Western-Witzfiguren auftreten. Auch sprachlich switchen die Figuren hin und wieder in Dialekt oder Jugend-Jargon, ohne dass das anbiedernd wirkt. Und als der Fiesling Guy von Gisbourne Robin Hood im Albtraum erscheint, weht der kalte Hauch eines Lord Voldemort über die Bühne; Sabine Blickenstorfer (Kostüme) hat dem Repräsentanten der dunklen Mächte einen grauslig-faszinierenden Pferdekopf fabriziert.
Diese Stuttgarter „Robin Hood“-Inszenierung kann, was gutes Theater für Kinder können soll: Sie kitzelt die Fantasie des Publikums heraus, anstatt perfekte Kulissen zu liefern. Der Pfeil flitzt nur in der Vorstellung durch die Luft; die Szenerie eines Bogenschieß-Wettbewerbs ersteht allein aus Worten vor den Augen der Zuschauer. Die sind dermaßen gebannt, dass sich die Grenze zwischen Bühne und Saal von ganz allein auflöst. Deshalb fallen ein paar dramaturgische Schwächen nicht ins Gewicht; so verliert das Stück zwischendurch an Tempo und Fokus, wenn Little John sich auf die Burg des Sheriffs locken lässt und dort die Bekanntschaft eines ziemlich dicken Kochs macht. Umso runder dann der Schluss, wenn die Erzählung wieder da anknüpft, wo sie begonnen hat. Der König der Wälder – er lebt!
Vorstellungen
Termine
Weitere Vorstellungen im Schauspielhaus Stuttgart am 12., 25. Dezember, 12. Januar, Schulvorstellungen ab 6. Dezember