In Mundelsheim (Kreis Ludwigsburg) wird Saft noch so hergestellt, wie man es sich vorstellt: Menschen aus der Region lesen ihre Äpfel auf den Streuobstwiesen und fahren sie zur Schütz-Kelterei. Über das Geschäft mit den Äpfeln und die Frage, wie man sich gegen die Konkurrenz durchsetzt.
Für Markus Schütz beginnt im Herbst die Zeit des Jahres. Wenn die Menschen aus der Region mit ihren Anhängern auf den Hof rollen und die grünen Kisten ausladen. Tonnen an Äpfeln, die nach und nach über eine Rampe in ein Wasserbad plumpsen, zu Mus gemahlen werden und in eine Maschine laufen, in der ihnen der Saft entzogen wird. Drei Schritte bis zum Schütz-Apfelsaft, und nur ein paar mehr, bis dann die Glasflasche mit der Schorle im Kasten landet.
Bald 100 Jahre lang werden in Mundelsheim im Herbst Äpfel, Quitten, Birnen und Trauben, im Juni und Juli Kirschen und Johannisbeeren sowie ganzjährig Zitrusfrüchte zu Säften verarbeitet. Alles, was in der Region wächst, kommt auch von dort. Den weitesten Weg legen die Esslinger Lieferanten zurück.
Die meisten Lieferanten sind Privatpersonen
Eine Handvoll davon sind Landwirte, der Großteil Privatpersonen mit Streuobstwiesen. Nur zwei Mal in der Geschichte der Schütz-Fruchtsaftkelterei habe man Äpfel von weiter her beziehen müssen, sagt Geschäftsführer Markus Schütz. Wie setzt sich ein kleines Unternehmen gegen die großen Konkurrenten durch und wie bedient es eine Gesellschaft, die keine Abweichungen in Geschmack und Farbe will?
Seither hat sich einiges verändert. Auch wenn bei Markus Schütz mit insgesamt 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern größentechnisch alles überschaubar bleibt, hat sich seine Kundschaft verändert und er sich mit ihr. Wenn er ehrlich ist, reicht ihm zwar die naturtrübe Apfelschorle. „Ich trinke eigentlich nur das“, sagt er. Trotzdem wolle er nicht am Markt vorbei produzieren und sich nach den Wünschen der Kunden – oder manchmal nach den Wünschen seiner Kinder – richten. „Meine Kinder haben hier immer geholfen und sich, wenn wir gerade Eistee für einen Kunden abgefüllt haben, eine Flasche mitgenommen“, sagt der 44-Jährige. Nur sei der eben nicht von ihm gewesen, „das hat mich gewurmt“. Jede der sechs Eistee-Sorten, die er mittlerweile verkauft, hätten seine Kinder probiert.
Auch im Sortiment: Cola, Orangen-, Zitronen-Limonade und Cola-Mix-Getränk. „Wir haben uns viele Jahre dagegen gewehrt“, sagt Markus Schütz. Man produziere eben eigentlich leidenschaftlich Fruchtsäfte. Apfel-Kirsch, Apfel-Ingwer, Apfel-Mango, Apfelsaft klar und naturtrüb, der in sterilen Edelstahltanks gelagert und über das Jahr abgefüllt wird. Der Saft wird aus den frühen sauren und späten süßen Äpfeln gemischt, damit der Saft immer gleich schmeckt und aussieht. Ausschlaggebend für die „Schwoba“-Limo-Produkte seien dann Getränkehändler aus der Region gewesen, die immer wieder nach Cola gefragt hätten.
Damals, als Markus Schütz sich für einen Beruf entscheiden sollte, stand für ihn außer Frage, dass er den Betrieb übernimmt. Er sei da rein gewachsen. Nach den Stunden bei seinem Großvater sei immer mehr übrig geblieben, als das, was seine Klassenkameraden an Taschengeld bekamen. „Man ist mit dem Gedanke aufgewachsen, dass sich Arbeit lohnt“, sagt er. Und es sei bei weitem nicht nur harte Arbeit gewesen, sagt er und erzählt vom Gabelstapler-Fahren mit 14 Jahren.
Geschäftsführer, Kellermeister, Produktionsleiter in einem
Zurück zu den Äpfeln. 1500 Tonnen Äpfel hätten seine Kunden im vergangenen Herbst abgeliefert, normalerweise seien es 700 bis 1000 Tonnen. Doch das gute Jahr spiegelt sich nicht im Preis wider, den er den Streuobstwiesen-Besitzern zahlen kann. „Wir spielen nur das Spiel der großen Betriebe mit“, sagt Schütz. Die Preise für die Äpfel würden stark schwanken, weil das europäische Ausland einen Einfluss habe. In Polen sei 2024 beispielsweise ein großer Teil der Äpfel erfroren. Markus Schütz wünscht sich mehr Kontinuität und einen stabilen, vernünftigen Preis, den er zahlen kann. „Ich will, dass die Menschen auch in 15 bis 30 Jahren ihre Streuobstwiesen bewirtschaften“, sagt Schütz. Allein für die Biodiversität. Doch immer mehr jungen Menschen wäre der Aufwand für ein paar Euro nicht wert.
Vielleicht übernimmt der Sohn den Betrieb
Ungefähr 300 Fruchtsaftbetriebe gebe es in Deutschland, sagt Schütz. Tendenz sinkend. Dennoch hat er keine Sorge vor der Zukunft. „Ich habe die Hoffnung, dass wir immer Kunden halten, die unsere Qualität schätzen.“ Die sei seine Daseinsberechtigung, mit Discounter-Preisen könne er sowieso nicht mithalten. Sein 16-jähriger Sohn helfe schon in den Ferien mit, vielleicht übernimmt er in fünfter Generation irgendwann den Betrieb. Was er in 20 Jahren abfüllen würde? „Keine Ahnung, aber hoffentlich trinken die Leute noch meinen Apfelsaft.“
Apfelsaft
Gesundheit
Naturtrüber Apfelsaft enthält Pektin, ein Ballaststoff, der sich positiv auf die Darmflora und den Blutdruck auswirkt.
Ernte
2024 wurden in Deutschland 872 000 Tonnen Äpfel geerntet, 45 Prozent davon kamen aus Baden-Württemberg. Anders als in anderen Bundesländern lag die Ernte dort über dem Niveau der vergangenen Jahre.