Stuttgart - Die Coronakrise trifft vor allem den Handel. Produzierende Familienunternehmen zeigen sich nach Angaben der Stiftung Familienunternehmen dagegen recht widerstandsfähig. In einer Umfrage der Stiftung, die unserer Zeitung exklusiv vorliegt, erwarten die vom Münchner Ifo-Institut befragten Unternehmen in etwa zehn Monaten eine Normalisierung ihrer Geschäfte. Ein Rundruf unserer Zeitung zeigt, wie Familienunternehmen sich in der Coronakrise schlagen.
„Wenn man der Überzeugung ist, das Richtige zu tun, sollte man es nicht vor sich herschieben, sondern durchziehen“, sagt Otto Graf – auch in Zeiten von Corona. „Das Richtige“ ist für die Gruppe aus Teningen bei Emmendingen ein neues Werk in Kehl/Neuried. Dieses soll etwa zwei Drittel der Fläche des Hauptwerkes in Teningen umfassen.
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Nicht weniger als 19 Millionen Euro will die Graf-Gruppe, nach eigenen Angaben europäischer Marktführer in Sachen Regenwasserbewirtschaftung, dafür ausgeben. Für ein neues Logistikzentrum am selben Standort, in das weitere acht Millionen Euro investiert werden, werden zurzeit die ersten Betonteile angeliefert. Die Gruppe mit ihren 600 Mitarbeitern stellt Regenwassertonnen für Gärten her, aber auch große Tanks mit einem Fassungsvermögen von bis zu 120 000 Litern. „Jetzt nehmen viele unserer Kunden den ausgefallenen Urlaub zum Anlass für Investitionen rund um ihr Eigenheim“, berichtet der geschäftsführende Gesellschafter. Auch im Coronajahr 2020 konnte so der Umsatz von 120 auf 125 Millionen Euro gesteigert werden. Für das laufende Jahr rechnet Graf mit einem weiteren Plus. Baubeginn war im November 2019, im dritten Quartal des laufenden Jahres soll die Produktion starten. „Dass Graf ein Familienunternehmen ist, hilft, Entscheidungen langfristig zu betrachten.“
Auf der Alb gibt es für Plastro Mayer viel zu tun
Genug zu tun gibt es auch bei Plastro Mayer in Trochtelfingen auf der Schwäbischen Alb. „Wir arbeiten seit Herbst auch samstags, oft in drei Schichten“, sagt Johannes Grupp, der Alleininhaber. Das Unternehmen stellt mit 250 Mitarbeitern unter anderem Kunststoffteile für Haushaltsgeräte oder die Medizintechnik her.
Plastro Mayer profitiert nicht nur von der seit Corona gestiegenen Nachfrage nach Haushaltsgeräten, sondern auch davon, „dass Transporte aus China sehr teuer geworden sind“, wie Isabel Grupp, die das Unternehmen zusammen mit ihrem Vater führt, berichtet. Im vergangenen Jahr war der Umsatz um vier Prozent auf 33 Millionen Euro gesunken, dieses Jahr soll wieder die Höhe von 2019 erreicht werden, also rund 34 Millionen Euro. Um die Kapazitäten auszubauen, hat der Mittelständler auch zusätzliche Maschinen angeschafft.
„Wir haben immer ohne Bankkredite investiert“, sagt der Alleininhaber, das soll auch so bleiben. „Als Familienunternehmen denken wir in Generationen“, fügt Isabel Grupp hinzu.
Der Schwarzwälder Vakuumspezialist Schmalz baut in China
Auch beim Vakuumspezialisten Schmalz im Schwarzwald hat Corona nicht zum Tritt auf die Investitionsbremse geführt, im Gegenteil. Allerdings: Der Schwerpunkt liegt derzeit in Asien. „Um unsere Marktposition auszubauen, müssen wir in China investieren“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Kurt Schmalz aus Glatten bei Freudenstadt. Schmalz stellt Maschinen her, die mithilfe von Saugnäpfen etwa Blechteile, Holzplatten, Glasscheiben oder Kartons transportieren.
Für bis zu acht Millionen Euro wird in Taicang nahe Shanghai ein neues Gebäude für Produktion und Verwaltung hochgezogen. Dieses soll an die Stelle von gemieteten Räumen treten. Ende des Jahres, so hofft Schmalz, sei der Bau für die 110 Beschäftigten in China fertig. „Wir haben immer vorausschauend gehandelt, um auch in Krisenzeiten investieren zu können.“ Für 2021 peilt das Unternehmen einen Umsatz von 190 Millionen Euro an – so viel wie 2019.
Der Heilbronner Werkzeughersteller Marbach erweitert in Polen
Wie Schmalz hat auch der Heilbronner Werkzeughersteller Karl Marbach das Ausland im Blick. Auch im Coronajahr 2020 konnten die Heilbronner ihren Umsatz stabil bei rund 150 Millionen Euro halten, dieses Jahr soll er wieder zulegen. „Als Familienunternehmen können wir auch in schwierigen Zeiten investieren, weil wir langfristig denken und handeln“, sagt Peter Marbach.
Der geschäftsführende Gesellschafter von Karl Marbach sieht darin einen wesentlichen Unterschied zu vielen Aktiengesellschaften: „Familienunternehmen ticken anders.“ Ein besonders starkes Wachstum verzeichnet das Unternehmen in den USA, aber auch in Polen und Rumänien. In den beiden osteuropäischen Ländern investiert das Unternehmen „etliche Millionen Euro“ in die Verdoppelung der Kapazitäten.
Weru pusht die sozialen Medien
„Wir sind gut durch die Krise durchgekommen“, sagt Stefan Löbich, „die Baustellen waren ja offen.“ Der Vorstandsvorsitzende der Weru AG aus Rudersberg im Rems-Murr-Kreis hat anders gehandelt als manche seiner Kollegen: „Wir haben das Marketingbudget hochgefahren und die sozialen Medien stark gepusht.“ In eine neue Lackieranlage im Werk im rheinland-pfälzischen Salmtal wurden 1,5 Millionen Euro gesteckt. Der Umsatz stieg 2020 um etwa sieben Prozent auf 165 Millionen Euro – ein ähnliches Plus wird auch für 2021 angepeilt.