Damit Mütter und Väter die vielen Herausforderungen des Elternseins optimal meistern können, entwickeln sich immer mehr Kindergärten in Korntal-Münchingen zu Kinder- und Familienzentren. Eine Einrichtung machte den Anfang, jetzt ziehen andere nach.

Korntal-Münchingen - Eine Kita bloß für Kinder? Diese Zeiten sind vorbei. Die Einrichtungen sind zunehmend Anlaufstellen für die ganze Familie und in allen Lebenslagen. Eltern sind froh, wenn sie unkompliziert fachkundigen Rat etwa bei Erziehungsfragen bekommen. Das Kita-Personal weiß, dass Kinder am besten gedeihen, wenn die Familie als Gesamtes gut funktioniert.

 

In Korntal-Münchingen entwickeln sich daher immer mehr Kitas und Kindergärten zu Kinder- und Familienzentren, kurz Kifaz. Das Sportnest im Ortsteil Münchingen – getragen vom Sportverein Sportplatzmachte sich als erste Kita in der Kommune auf diesen Weg. „Wir sind im Elementarbereich in der frühkindlichen Bildung und können früh ansetzen“, sagt die Leiterin von Kita und Träger, Bettina Weinmann. Die Angebote sollen von Begegnung und Begleitung über Beratung bis hin zu Betreuung und Bildung reichen – und für alle Eltern in der Stadt sein.

Im Sportnest am Schulzentrum hat sich einiges getan, seitdem die Kita voriges Jahr einer Ausschreibung des Regierungspräsidiums Stuttgart folgte. Doch es geht langsamer voran, als es Bettina Weinmann lieb ist. „Es überrascht uns, wie weit wir schon waren“, sagt die 59-Jährige, die Kita lege seit ihrem Beginn 2014 viel Wert auf einen engen Austausch mit den Müttern und Vätern. Trotzdem hätten Weinmann und ihr Team festgestellt, wie wichtig kleine Schritte sind. „Erst müssen wir Erfahrungen sammeln, bevor wir uns nach und nach öffnen.“

Auf den Nägeln brennt einiges

Deshalb war das Elterncafé, das bereits zwei Mal stattfand, nur für die Eltern der Kita-Kinder. „Wir wollten herausfinden, welche Anliegen sie haben, was ihnen auf den Nägeln brennt“, sagt Weinmann. Und das ist Etliches: Erziehung, Umgang mit Medien und neuen Familienkonstellationen nach einer Trennung, Druck von außen. „Hier geht es darum, wie viel Förderung ein Kind braucht“, sagt Bettina Weinmann. Beim zweiten Elterncafé sprach eine Expertin über Wut bei Kindern. Das dritte Elterncafé im Juni öffne sich erstmals: Die Stillgruppe werde eingeladen. Ein weiterer erster Schritt nach draußen seien spezielle Büchertische in der Bibliothek.

„Am einfachsten ist es, Begegnungen zu schaffen“, stellt Weinmann fest. Sie sprüht vor Ideen. Schnell umsetzen lasse sich zum Beispiel der offene Garten: Während und nach der Abholphase können Eltern im Garten verweilen, sich austauschen. Denkbar sei auch ein Abendessen nach dem Elternabend, wobei die Erzieher die Kinder bettfein machen. Oder Kinderbetreuung mal am Abend: Das gebe Eltern die Möglichkeit, Zeit zu zweit zu verbringen.

Bedarf an Beratung steigt

Die Beratung laufe in den Elterngesprächen an. „Da geht es richtig ins Familienleben hinein“, meint Bettina Weinmann, die selbst am Wochenende Eltern hilft. Die 59-Jährige hat einen sogenannten Runden Tisch ins Leben gerufen, ein regelmäßiges Treffen aller Kita-Leiterinnen im Ortsteil. Dabei wurde eines deutlich: „In allen Einrichtungen steigt der Bedarf an Beratung“, sagt Bettina Weinmann.

Dunja Kunberger kann davon ein Lied singen. Die Leiterin des evangelischen Kindergartens Johannes-Völter, ebenfalls in Münchingen, will auch ein Familienzentrum aufbauen. „Die Entwicklung vieler Kitas geht in diese Richtung.“ Kunberger bezeichnet ihre Einrichtung als „eine Art Brennpunkt“: „Wir haben viele Familien, die unterstützende Angebote wie durch das Landratsamt nutzen.“ Gleichwohl hätten viele Hemmungen, zur Frühförderung zu gehen. „Wir wollen den Eltern entgegenkommen, etwa mit eigenen Angeboten. Das verkürzt Wege und senkt Barrieren.“

Auch die Stadt hat Pläne

Noch steht der Kindergarten ganz am Anfang. „Jetzt müssen wir erst einmal ein Konzept erarbeiten“, sagt Kunberger. Zudem soll das Zentrum in Kooperation mit der evangelischen Kirchengemeinde Münchingen aufgebaut werden.

Auch die Stadt weiß um die veränderten und komplexeren Anforderungen im Kita-Alltag. Ihr Ziel: „In jedem Stadtteil ein aus einer städtischen Kita entwickeltes Familienzentrum zu etablieren.“ Erste Schritte seien getan, so seien Erzieher der Kita Goerdelerstraße entsprechend weitergebildet worden. Außerdem habe mindestens eine Erzieherin aus jeder Kita an der Fortbildungsreihe Elternbegleiter teilgenommen. Derzeit sucht die Stadt eine pädagogische Fachberatung als Ansprechpartnerin für alle städtischen Kitas. Auch die Verwaltung würde gerne mehr in kürzerer Zeit erreichen. Doch mangels Geld und Personal „gehen wir den Weg langsam, aber stetig“.