Ein Foto vom Cro-Heimspiel am Freitag in Stuttgart hat viele erschreckt. Darauf halten fast alle Fans ihre Handys hoch. Hitzig wird im Netz diskutiert, ob die Generation Smartphone noch Konzerte feiern und genießen kann.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Wenn Bob Dylan am kommenden Mittwoch bei den Jazz Open auf dem Schlossplatz spielt, will er keine Handys sehen. Sollten Zuhörer ihn mit dem Smartphone fotografieren oder filmen, droht er damit, seinen Song zu unterbrechen. Die Veranstalter werden mit vielen Warnschildern darauf hinweisen und verstärkt kontrollieren. „Ist ein Fotografierverbot fürs Publikum zeitgemäß?“, haben Leser gefragt, nachdem unsere Zeitung darüber berichtet hat.

 

Das andere Extrem konnte am Freitagabend beim Konzertsommer auf dem Hügel des Mercedes-Benz-Museums beobachtet werden. Unser Fotograf Christoph Schmidt hat eine beeindruckende Szene festgehalten, über die seitdem eifrig im Netz diskutiert wird. Man sieht darauf einen Handywald über Zuschauerköpfe in mehreren Reihen.

„Die vielen Handys versauen einem das Konzert“

„Die müssen zuhause erst mal auf dem Handy gucken, wo sie eigentlich waren“, lästert ein Kommentator bei Facebook, „da hätte man ebenso gut ein paar Hundert Stative hinstellen können, statt Party zu machen, stehen sie rum und machen verwackelte Aufnahmen.“ Ein anderer schreibt: „Überall sieht man nur noch leuchtende Bildschirme, das nervt und versaut einem das Konzert.“ Der Stuttgarter Pressefotograf Andreas Engelhard klagt: „Mit diesem Foto vom Kollegen Schmidt zeigt sich der gesamte Schwachsinn um Fotoverbote und Akkreditierungen bei Konzerten. Veranstalter sind streng bei der Vergabe von Fotopässen – und die Fans lichten massenweise alles ab.“ Ein weiterer User gibt zu bedenken: „Wenn du hörst, dass manche Künstler sogar explizit dazu aufrufen, Bilder mit dem Handy zu machen und diese in den sozialen Netzwerken zu verbreiten, ist so ein Verbot doppelt schwachsinnig!“

Die Handys zum Himmel, komm lass uns fröhlich sein! Nicht bei allen Songs von Cro am Freitagabend sind so viele Smartphone in die Höhe gestreckt worden wie auf dem besagten Foto. „Nur“ bei seinen größten Hits war dies so extrem der Fall.

Über 70 Prozent finden, dass weniger fotografiert werden sollte

Nach einer Umfrage von Eventbrite, einer Plattform für Ticketing und Event-Technologie, mit 1000 Menschen haben im vergangenen Jahr über 70 Prozent gesagt, sie fänden es gut, wenn andere Besucher weniger Bilder oder Videos während eines Auftritts machen würden. 40 Prozent der Befragten (Mehrfachnennungen waren möglich) sind demnach sogar der Ansicht, dass während eines Auftritts überhaupt keine Filme oder Bilder aufgenommen werden sollten. Allerdings räumte jeder zweite bei dieser Studie ein, während eines Konzertes selbst Fotos oder Videos zu machen. Und 34 Prozent ließen wissen, dass sie schon einmal das Gefühl hatten, etwas von der Veranstaltung zu verpassen, weil sie zu sehr damit beschäftigt waren, zu filmen oder zu fotografieren.

Dass Handys bei Konzerten generell draußen bleiben müssen, kann wohl niemand ernsthaft verlangen. Aber vielleicht wäre ein Kompromiss die beste Lösung: Jeder, der will, darf ein Foto oder einen kurzen Film vom meist teuer bezahlten Auftritt seines Stars machen – und dann sollte man das Konzert ungefiltert und direkt genießen.