Sachsen ist vorgeprescht, die anderen Länder halten sich noch zurück. Doch der deutsche Föderalismus ist nur ein Hindernis auf dem Weg zu einer Rückkehr zu Spielen mit Zuschauern – und einer Lösung, die alle zufriedenstellt.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - In den liberalen Niederlanden wurde der Anfang gemacht. Bereits im Juni verkündete die Politik ab September die Rückkehr zu Fußball mit Fans. Das Ganze mit einer gewiss schwer einzuhaltenden Auflage: Die Stadionbesucher dürfen weder schreien noch singen. Österreich zog nach, ehe am Dienstag Sachsen als erstes deutsches Bundesland den Weg freimachte für eine teilweise Rückkehr in den Normalzustand. Bundesligist RB Leipzig hat bereits ein Konzept für Spiele bis zu 20 000 Zuschauern erarbeitet. Unter anderem sollen nur personalisierte Tickets mit Namen und Handynummern vergeben werden, Maskenpflicht und feste Einlasszeiten sind Pflicht.

 

VfB erarbeitet Konzept

Auch der FC Bayern München, Borussia Dortmund und der 1. FC Köln sollen bereits Konzepte mit Blick auf die neue Bundesligasaison ab 18. September erarbeitet haben. Beim Aufsteiger VfB Stuttgart heißt es, dass man in Abstimmung mit den Behörden gerade dabei sei, Pläne für eine Teil-Auslastung der Mercedes-Benz-Arena zu entwickeln. Details nannte der VfB nicht. Auch wie eine mögliche Dauerkarten-Regelung aussehen könnte, ist noch offen.

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Auch das Stuttgarter Sozialministerium wollte nicht ins Detail gehen. Eine Sprecherin verwies auf die bestehende Verordnung, wonach ab 1. August Veranstaltungen mit bis zu 500 Besuchern wieder erlaubt seien. Darüber hinaus gilt ein Verbot bis zum 31. Oktober. Daran habe sich auch durch das Vorpreschen der Sachsen nichts geändert.

Anders als beim Hygienekonzept für die Geisterspiele will die Deutsche Fußball Liga (DFL) den Vereinen keine einheitlichen Vorgaben machen. „Wir versuchen die Rahmenbedingungen zu schaffen“, sagt DFL-Chef Christian Seifert. Auf deren Grundlage sollen die Clubs individuelle Konzepte erstellen. Das erscheint auf Grund unterschiedlicher Voraussetzungen etwa bei der Anreise zum Stadion einerseits sinnvoll. Andererseits könnte ein erneuter Flickenteppich wie schon beim Trainings-Neustart der Bundesligisten entstehen.

Ultras sind skeptisch

Streit dürfte die unweigerliche Folge sein. Zumal es ihn schon gibt. Borussia Dortmund wehrt sich gegen den Einsatz von personalisierten Tickets. Bei Eintracht Frankfurt und Union Berlin sieht man die Teilöffnung der Stadien kritisch. Die Sorge ist, mit möglicherweise verqueren Auflagen den eigenen Anhang zu verprellen. Sig Zelt vom bundesweiten Bündnis „ProFans“ sagte dazu: „Bei vielen Ultras herrscht eine große Skepsis und die Meinung: Wenn wieder Leute in die Stadien dürfen, dann alle.“

Für den VfB lohnt es sich erst ab 15 000 Fans

Beim VfB hat man bei all den Diskussionen auch das Geld im Blick. Erst ab 15 000 Fans pro Partie rechne es sich, Zuschauer wieder ins Stadion zu lassen. Darunter würden die Kosten für Stadionmiete, Ordnungs- und Reinigungsdienste die Einnahmen nahezu auffressen. Zur Einordnung: Ein volles Stadion mit 60 000 Fans spült dem VfB etwa eine Million Euro in die Kassen.

Anders als die großen Clubs der Fußball-Bundesliga wären Vereine mit kleineren Arenen schon mit wenigen Fans zufrieden – etwa beim Handball, Basketball oder Volleyball. Weshalb Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, aus finanzieller Sicht alle Hoffnung auf einen Saisonstart im Herbst mit Zuschauern setzt: „Wenn wir im Oktober die Chance dazu bekommen, wird es am Jahresende keine Insolvenzen geben.“

Viel Gesprächsbedarf also. Immerhin: Anders als in den Niederlanden scheint man sich bei der DFL zumindest auf einen Punkt verständigt zu haben: Gesangsverbote gelten als unrealistisch.