Für echte Faschingsfans ist die fünfte Jahreszeit zwar das Größte, aber auch anstrengend. Manch einer ist sogar froh, wenn der Aschermittwoch da ist. Das zeigt sich am Rande des Umzugs in Murr, zu dem Tausende kommen.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Fasnacht, Fasnet, Fasching – egal wie man den Trubel nennt, in diesen Tagen erreicht er seinen Höhepunkt: Während der Straßenkarneval im Rheinland und in Mainz am heutigen Rosenmontag mit riesigen Umzügen begangen wird, ließen es die Narren im Kreis Ludwigsburg bei Umzügen schon am Wochenende krachen: In Bietigheim, Sachsenheim und vor allem in Murr.

 

Für diejenigen, die die fünfte Jahreszeit zelebrieren, ist es schade, dass am Aschermittwoch wieder alles vorbei ist – oder?

„Von 0 auf 100“: das war anstrengend

Sarah Väth, die Präsidentin der Carnevalsfreunde Murr, ist Karnevalistin durch und durch. Seit 1995 ist sie im Verein aktiv, seit einem Jahr steht sie ihm vor. Das Amt hat sie von ihrem Stiefvater übernommen. Was seit dem „schmotzigen Donnerstag“ los und zu organisieren war, sei eine „Mammutaufgabe“ gewesen. Deshalb ist die 35-Jährige auch froh, wenn der Trubel nach Aschermittwoch erst einmal ein Ende hat – trotz aller Liebe zur Fasnet. „Einfach mal wieder durchschnaufen“, das sei dringend nötig, sagt Väth.

Für die „richtigen Karnevalisten“, wie sie einer ist, geht das Ganze bereits am 11.11. wieder los. Der Umzug am Sonntag mit 49 Gruppen – darunter nicht nur Faschingsvereine, sondern auch Feuerwehren, Skiclubs und eine Kita –, 1500 Teilnehmern und Tausenden Zuschauern an der Strecke, markiert für die Murrer den Höhepunkt der Saison.

Dass es nach Corona gleich von „0 auf 100“ ging, sei fast ein bisschen zu viel gewesen, sagt Väth. Beim Planen sei die Routine etwas verloren gegangen. Der Stress hat sich auch körperlich ausgewirkt: Sie sei eigentlich seit November „non-stop“ krank, so Väth, andere aus dem Verein auch. „Das straffe Programm hat einige in die Knie gezwungen.“ Durchgezogen haben sie die Ochsentour trotzdem.

Im Faschingstreiben kann man leicht die Überblick verlieren

Ja, die Zeit der Umzüge sei für die Vereine anstrengend, „aber nicht lästig“, sagt Jens Vollstedt, Präsident des Murrer Karneval-Vereins. Und: der Nachholbedarf sei in diesem Jahr riesig gewesen. Das hatte sich schon auf den Umzügen der vergangenen Tage gezeigt. In der Region konnten selbst völlig verregnete Tage – am Sonntag in Murr war das glücklicherweise nicht der Fall – die Besucher oftmals nicht abhalten, sie standen trotzdem eisern an der Straße. „Man hat das Gefühl gehabt, die Leute haben kein Zuhause“, sagt Sandra Schenk vom Gundelsheimer Carneval-Verein (Kreis Heilbronn). Auf wie vielen Umzügen sie seit dem 6. Januar, der den Beginn des Straßen-Faschings markiert, war? Schenk zählt nach und weiß es am Ende doch nicht genau. So geht es vielen.

„Wir waren eigentlich jedes Wochenende unterwegs“, sagt Mistelhexe Patricia vom gleichnamigen Verein aus dem Ludwigsburger Ortsteil Neckarweihingen. Neben dem eigenen Umzug waren es sieben oder acht andere, außerdem zahlreiche Abendveranstaltungen, Kinderfasching, Garde-Events, außerdem Besuche in Altenheimen und Kindergärten, damit die Kleinsten ihre Angst vor den Masken ablegen können. „Das kann schon schlauchen“, sagt Vossi von den Mistelhexen, „besonders wenn die Kampagne so lange geht wie in diesem Jahr.“

Die Sache mit dem Alkohol

Hinzu kommt: rund um das Faschingswochenende fließt der Alkohol in Strömen. „Wir lassen’s schon krachen“, sagt Patricia. Wer auf den Umzügen mitlaufe, dürfe aber nicht betrunken sein. „Damit tut man sich sowieso keinen Gefallen“, sagt Jens Vollstedt. Dass getrunken werde, das bleibe natürlich nicht aus. Dass die Fasnet immer gleich mit Alkohol verbunden wäre, Sarah Väth erstaunt das ein bisschen. „Ich trinke selten“, sagt sie. Aber natürlich komme das Klischee nicht von ungefähr, im eigenen Verein sei sie wohl auch eher die Ausnahme.

Für die 35-Jährige markiert der Umzug des eigenen Vereins am Sonntag übrigens nicht das Ende der Saison. Am Montag heißt es Aufräumen und die Halle zu putzen, am Dienstag ist sie ins Stuttgarter Schloss zum Staatsempfang geladen, anschließend steht in Sulzbach (Rems-Murr-Kreis) ein weiterer Umzug an. Das traditionelle Heringsessen am Mittwoch markiert dann das Ende der Kampagne. „Im März machen wir erst einmal keine Sitzungen“, sagt Sarah Väth. Im April planen die Narren dann schon für die nächste Fasnet.