Die Fasnet hat begonnen: die Felben vom Cannstatter Kübelesmarkt haben ihre Masken abgestaubt. Und im Stuttgarter Rathaus haben die Karnevalisten ihr neues Stadtprinzenpaar Wolfgang der Dritte und Claudia die Zweite gefeiert.

Stuttgart - Vielleicht hätte er gern noch etwas weitergeträumt, der alte Brunnengeist. Jedenfalls musste er sich erst einmal gründlich recken und strecken, nachdem ihn die Narren des Cannstatter Kübelesmarkts am Montagmorgen mit lautem Rätschen-Radau jäh aus dem Schlaf gerissen haben. Doch ohne den Hüter des Mineralwassers wäre ihre fünfte Jahreszeit einfach nicht komplett.

 

Schon zur – wie sie selbst betonten - „fast unchristlichen Zeit“ von 6.01 Uhr hatten sich die Narren im Küblerhaus versammelt. Zunächst musste der Staub aus dem Häs geklopft werden. Gegenseitig gaben sich Felben und Monde liebevolle Schläge auf die traditionellen Kostüme. Dann zogen sie zum alten Geist im Jakobsbrunnen, der dort über die Cannstatter Quellen wacht.

Holzmasken sollen rund 360 Euro kosten

Der Lärm der Rätschen und Schellen von rund 100 Narren erfüllte seinen Zweck. „Narri“ rief „Brunni“ in die Runde. Es wurde mit einem stimmstarken „Narro“ beantwortet. „Wir sind die einzige Zunft, die einen Brunnengeist hat“, sagte der stellvertretende Maskenmeister Andreas Hauser.

Dass sich die Narren des Kübelesmarkts als „Felben“ – schwäbisch für Weidenbaum – bezeichnen, hat seinen Ursprung laut dem Vereinssprecher Panajotis Delinasakis im Pfälzischen Erbfolgekrieg. Damals wähnten sich die Cannstatter von Soldaten am Neckarufer bedroht. Diese entpuppten sich bei besserer Sicht jedoch als harmlose Korbmacherweiden. Die fratzenhaften Holzmasken, die maßgeschnitzt werden und rund 360 Euro kosten sollen, zeigen heute noch die für Weiden typischen Stümpfe der abgeschnittenen Ruten.

Feuer entpuppt sich als Mondschein

Die selteneren Monde in der Narrenschar haben eine ähnliche, aber nicht ganz so alte Geschichte wie die Felben. Die Figuren erinnern daran, dass die Cannstatter vor gut 150 Jahren mit der Feuerwehr ausgerückt waren, um einen Brand zu bekämpfen, der sich dann als Mondschein herausstellen sollte. Deshalb gibt es auch die passenden „Mondlöscher“, die in traditioneller Feuerwehrkluft auftreten.

Inthronisation des Stadtprinzenpaares

Doch nicht nur der Cannstatter Kübelesmarkt hat die fünfte Jahreszeit eingeleitet. Auch bei der Karnevalsgesellschaft Möbelwagen ist der 6. Januar ein besonderer Tag: An Dreikönig stellt der Verein traditionell sein Stadtprinzenpaar vor.

Wolfgang der Dritte und Claudia die Zweite wurden vorgestellt. Foto: Gottfried Stoppel
Dabei verbinden Wolfgang der Dritte und Claudia die Zweite bisher nicht sehr viel mit Karneval. „Unsere Erfahrungen sind dann doch eher dürftig“, gab das Ehepaar Seljé zu. Kurz vor ihrer Inthronisation zum Stadtprinzenpaar saßen die beiden in voller Prinzen-Montur in einem der hinteren Zimmer im Rathaus, um mit dem Präsidenten der Karnevalgesellschaft Möbelwagen, Thomas Klingenberg, die letzten Details im Ablaufplan zu besprechen. „Ich kündige euch an, die Musik startet und dann kommt ihr die Treppe hoch“, sagte Klingenberg. Bei dem Paar war von Nervosität keine Spur, was wenig verwunderlich ist: Wolfgang Seljé ist von Beruf Moderator und Sänger. „Ich habe das Ehepaar im Internet gesehen und sie mit der Frage angeschrieben, ob sie nicht Interesse daran hätten, in der närrischen Zeit der Verein zu repräsentieren“, erzählte Klingenberg, wie man zusammen kam.

Rik der Erste hat das Zepter übergeben

„Das ist schon ein kleines Abenteuer für uns“, gab Wolfgang Seljé zu. Bisher haben die beiden Fasching „eher aus einer gewissen Distanz betrachtet“. Jetzt mittendrin zu sein, sei aber „sehr spannend“, versichert das Ehepaar. Der erste offizielle Auftritt gelang problemlos: Klingenberg kündigte die beiden an, Vertreter von Karnevalvereinen aus der ganzen Region waren angereist, um den beiden bei ihrem ersten offiziellen Amtsantritt zuzujubeln.

„Lasst uns das Paar mit einem dreifachen A-HA begrüßen“, forderte Klingenberg die Anwesenden auf. Dann folgten die üblichen Rituale: Wolfgang der Dritte erhielt vom Stadtprinzen des vergangenen Jahres, Rik der Erste, das Zepter. Dem ist es nach eigenen Angaben „schon ein bisschen schwer“ gefallen, die Macht wieder abzugeben. Wolfgang der Dritte versprach, dass „wir unser bestes geben werden die Stadt zu regieren.“