Das Unesco-Siegel „Immaterielles Kulturerbe“ sieht die Weil der Städter Narrenzunft AHA vor allem als Verpflichtung, die Tradition in die Zukunft zu tragen. Das tun die Narren zum Beispiel am Fasnetsdienstag in den Kindergärten der Stadt.

Weil der Stadt - Uff, wer kommt denn da alles rein? Kleine Prinzessinnen sitzen da, mehrere Piraten, Frösche und Tiger. Dazu gesellen sich jetzt Hexen, Schellenteufel und Schlehengeister. Mit den Trompeten der Narrenkapelle zieht die Zunft am Dienstagmorgen in die große Halle des katholischen Kindergartens ein.

 

Andrea Müssig, eine der Erzieherinnen, ist auch schon vorbereitet. „Wir tragen Euch was vor / und singen jetzt im Chor“, reimt sie und stimmt dann an, zusammen mit den kleinen Kindergarten-Prinzessinnen, Piraten und Fröschen: „Kinderfasnet feiern wir, AHA, AHA, AHA“.

Müssig will anschließend wissen, wer alles da ist. Der Siebenerrat? „Jaaaa“, rufen die Männer. Die Zigeuner? „Jaaaa!“ Die Clowns? Niemand meldet sich, ein schmunzelndes Buhrufen geht durch den Raum. Die Schelme? „Ich“, sagt eine Vertreterin, offenbar die einzige. Viele Dutzend Vertreter der Narrengruppen tummeln sich im katholischen Kindergarten. Eben kommen sie aus der städtischen Kita Jahnstraße, anschließend geht’s weiter. Alle Einrichtungen in allen Teilorten klappern sie an diesem Dienstag ab. „Das machen wir schon sehr, sehr lange“, sagt James Bührer, der sich im Vorstand der Narrenzunft mit der Traditionspflege befasst. „Die Kinder hier sind schließlich unsere Zukunft.“

Ziel: Tradition an die nächste Generation weitergeben

Und das ist ein Stichwort, das sich die Weil der Städter in dieser Saison auf die Fahnen geschrieben haben. Das Siegel „Immaterielles Kulturerbe“ darf die Weiler Fasnet tragen, und die drei Verben wissen, können und weitergeben stehen auf diesem bunten Logo. „Unser Ziel ist es, die Tradition zu pflegen und zu erhalten“, erklärt Bührer. „Und das geht natürlich nur, wenn wir sie an die nächste Generation weitergeben.“

Da ist bei den Kleinen Fingerspitzengefühl gefragt, wenn auf einmal diese großen, bunten Gestalten einmarschieren. Beim Reinkommen tragen sie die Masken noch, nehmen sie dann aber ab. Es stecken schließlich echte Menschen hinter den Figuren – das müssen einige Kinder erst lernen. „Manche haben schon ein bisschen Angst“, berichtet die Erzieherin Andrea Müssig. „Wir haben uns aber vorbereitet.“ Vier Eltern, die selbst in der Narrenzunft sind, waren schon im Vorfeld da, zusammen mit dem Häs und den Masken. „Vor den Kindern haben sie das Häs an- und ausgezogen, damit die Kinder das kennen- lernen“, berichtet Müssig.

Dann dreht sie sich um, holt ein rotes Pferd aus Plastik hervor und zeigt es in Richtung Musiker. Die Narrenkappelle versteht sofort und spielt auf: „Da hat das rote Pferd sich einfach umgekehrt und hat mit seinem Schwanz die Fliege abgewehrt. Lalalalalala.“

„Wir versuchen, die Kinder ranzuführen“

Niklas singt kräftig mit. Für den Neunjährigen ist es eine Art Heimkommen. Mittlerweile geht er in die dritte Klasse der Grundschule, früher war er selbst hier im Kindergarten. „Nein“, sagt er, so richtig könne er sich nicht mehr erinnern, wie es war, als damals die Narren zu Gast waren. Mittlerweile ist er selbst eine Hexe und zeigt stolz die Maske, die er von seinem Papa geerbt hat. Der Vater ist heute Vormittag auch mitgekommen, auch er ist eine Weiler Hexe. „Wir versuchen, die Kinder ranzuführen“, sagt Achim Heinkele. Er legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Maske, zeigt sie den Kindern, lässt sie sie aufsetzen und durchschauen. Niklas, der Sohn, ist mit der Fasnet aufgewachsen, hatte deshalb nie Angst. „Mit etwa drei Jahren beginnen die Kinder zu reflektieren, zu diesem Zeitpunkt könnten wir erschreckend für sie sein“, hat Achim Heinkele festgestellt. „In diesem Alter müssen wir sie abholen.“ Eben dafür werden die Weiler Narren kurzzeitig zu Kindergartenkindern.