Das närrische Treiben strebt auch in der Landeshauptstadt seinem Höhepunkt entgegen. Am letzten Wochenende vor dem Rosenmontag haben die Narren bei mehreren Veranstaltungen schon mal um die Wette geschunkelt.

Stuttgart - Manche Tipps machen Stimmung. Nicht, dass dies bei der „etwas anderen Prunksitzung“ der Karnevalsgesellschaft Möbelwagen nötig gewesen wäre. Doch die Worte der weiblichen Stimme, die vor dem Einmarsch der Karnevalisten in das SSB-Veranstaltungszentrum Waldau aus dem Off ertönten, waren Funken für einen ausgelassenen Samstagabend. „Im Namen der Geselligkeit“ sollten sich die Tischnachbarn gegenseitig vorstellen, bat sie, um dann zu betonen, dass mit der Eintrittskarte die „Verpflichtung“ verbunden sei, mitzusingen, zu klatschen und zu schunkeln. Dem kamen die Cäsaren, Kleopatras, Schwestern, Ärzte, Piratinnen, Kapitäne, Dinosaurier, Pumuckl, Könige, Prinzessinnen – weiblich wie männliche – und was sich sonst noch an närrischem Volk eingefunden hatte, höchst bereitwillig nach. Gleich zu Beginn heizten die fabulösen Los Titzos aus Ditzingen mit ihrer fetzigen Guggenmusik kräftig ein, geschwoft wurde zu Rock- und Popklassikern wie „Radar Love“ oder „Word up“. Das Ihrige hinzu taten hernach unter anderem das Tanzmariechen, die Garden oder das Kaos plus Duo, das schwäbischen Eigenarten in Countrymanier musikalisch nachspürte. Da hallte oft leidenschaftlich der Schlachtruf „A-Ha“ durch den Saal, der ganz dem Regime seiner Regenten folgte: So hatten Prinzessin Nadine I., noch bis Aschermittwoch mit Prinz Andreas I. im Amt, und Kinderprinzessin Marie I. ihr närrisches Volk zuvor schon aufs Feiern eingeschworen – mit Helene Fischers Song „Die Hölle morgen früh ist mir egal“.

 

Große Promidichte bei der Showe des Karnevalsclubs Rössle

Wer hätte das gedacht? Gar der Mann mit dem orangen Haar ließ sich beim Rössle-Ball in der Festhalle Feuerbach blicken! Die rote Krawatte zu lang, dafür die Kappe mit der US-Flagge zu eng, saß der amerikanische Präsident Donald Trump bei Rotkäppchen. Überhaupt, bei der Show des Karnevalsclubs Rössle war die Promidichte groß. Elvis war auf dem Parkett auszumachen, ebenso die Queen, die lila Kuh und eine ganze Truppe an Cat Women. Und Stuttgarts bekanntestes Travestie-Fräulein, Frl. Wommy Wonder, hatte sich für den Abend und ihren Auftritt eigens in einen Goldglitzerfummel „hineingeatmet, denn die Konkurrenz schläft nicht, zumindest nicht mit mir“. Genüsslich sezierte die Diva vor den „Schwaben in Extase“ die Zeichen der Zeit: von „Happy“ und „Birthday“, die mit zunehmendem Alter öfter getrennt feiern, über Männer, die ihre Transsexualität ausleben, wenn sie ihr Auto auf Frauenparkplätzen abstellen, bis zur Kulturlosigkeit à la Bohlen und Klum. „Wir waren von Schiller, Schiller platt“, trällerte sie zu Michael Jacksons „Thriller“ – und riss Alt und Jung im Saal mit, die schon tänzerisch mit D’r Wefzga Guggenmusik Bietigheim, dem Partygraf Hagen oder der Band Golden Island vorgeglüht und Tanzgarden applaudiert hatten. Nachgeglüht wurde wieder bei der Aftershow-Party nach Ende des offiziellen Programms. „Da kommen oft noch Karnevalsvereine auf dem Heimweg vorbei“, so Rössle-Pressereferent Andreas Goihl.

Volle Sängerhalle beim finalen Narrenwochenende

In Untertürkheim wurde bereits am Freitagabend in der vollen Sängerhalle das finale Narren-Wochenende eröffnet: Mit jeder Menge Frauenpower und 16 Gastgesellschaften. Vollgas war schon beim Einzug angesagt, als die Hauga Narra aus Esslingen mit dem Donner der Landsknecht-Trommeln und einer massiven Batterie von Ventilposaunen das Energieniveau vorgaben. Und wer, wie die Schwarzen Störche, mit einer „Schwertgosch“ wie Anita Rösslein die Frauenpower sogar an der Spitze hat, muss nicht einmal in den Zwischenmoderationen einen Spannungsabfall befürchten. Wenn da mal die Kulisse schwächelt, hat halt der Feinstaub schuld.

Prickelnd war der Storchenball wegen des Programms, das ständig neue Reize bot. Kaum war „Das große Fressen“ der Contacter abgetanzt, ließen die Esslinger Karnevalsfreunde mit einer Gummitwist-Nummer die Puppen tanzen. Zwischen die Ensembles wurden Tanzmariechen oder Musikalisches mit schrägen Vögeln und flotten Amseln eingestreut, und als die Cannstatter mit „Grease“ eine Schaufel Travolta-Schmalz in den Saal warfen, wollte sich das fast zur abendfüllenden Rock-’n’-Roll-Show auswachsen.