Mehr und mehr Menschen in Deutschland sind auf Pflege angewiesen. Doch eine Heimbetreuung kostet, und die selbst zu tragenden Summen werden zusehends größer, wie neue Zahlen bestätigen. Also was tun?

Berlin - Pflege im Heim wird immer teurer. Die Eigenanteile, die Pflegebedürftige und ihre Familien aus eigener Tasche zahlen müssen, stiegen weiter auf nun 1940 Euro im Monat im bundesweiten Schnitt - das sind 110 Euro mehr als Anfang 2019, wie aus Daten des Verbands der Ersatzkassen (vdek) mit Stand 1. Januar 2020 hervorgeht. Es gibt jedoch nach wie vor große regionale Unterschiede. Am teuersten bleiben Heimplätze in Nordrhein-Westfalen mit nun durchschnittlich 2357 Euro. Am niedrigsten sind die Zuzahlungen mit 1359 Euro in Sachsen-Anhalt. Angesichts der steigenden Kosten fordern Patientenschützer und Opposition Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum Handeln auf.

 

In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen daneben noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen dazu. Der Eigenanteil allein für die reine Pflege stieg nun im bundesweiten Schnitt auf 731 Euro im Monat, nachdem es zum 1. Januar 2019 noch 655 Euro gewesen waren.

Bundesweit am höchsten ist er weiterhin in Baden-Württemberg: durchschnittlich 1006 Euro waren es den neuen Daten zufolge zum 1. Januar dieses Jahres. Es folgen Berlin mit 939 Euro und Bayern mit 899 Euro. Deutlich weniger sind es dagegen in Thüringen mit 421 Euro, in Sachsen-Anhalt mit 498 Euro und in Sachsen mit 504 Euro. Auch bei den Kosten für Unterkunft und Verpflegung gibt es bundesweit eine große Spanne: von 573 Euro in Sachsen-Anhalt bis 1024 Euro in Nordrhein-Westfalen. Der Bundesschnitt beträgt 756 Euro.

Krankenkassen sollen bestimmte Leistungen übernehmen

Die Debatte über einen grundlegenden Umbau der Pflegefinanzierung nimmt durch die neuen Zahlen weiter Fahrt auf. vdek-Chefin Ulrike Elsner sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die steigenden Eigenanteile in der stationären Pflege machen Handlungsbedarf für eine Finanzreform in der Pflege deutlich.“ Es sei gut, dass die Gesundheitspolitik das Thema auf die Agenda genommen habe, denn eine gute und bezahlbare Pflege gehe alle an. Spahn will bis Mitte des Jahres einen Vorschlag machen.

Nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz dauert das zu lange. Vorstand Eugen Brysch sagte: „Für die Pflegebedürftigen ist das unerträglich. Sie werden weiter in die Armutsfalle gedrängt und abhängig von Sozialhilfe.“ Nötig sei eine grundlegende Finanzreform. Auch Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik der Grünen-Fraktion forderte Spahn zur Eile auf. Er müsse zügig Vorschläge vorlegen, wie einen weiterer Anstieg der Eigenanteile verhindern werden kann.

Linke-Chef Bernd Riexinger sprach sich für eine Abschaffung der Eigenanteile und die Einführung einer „Pflegevollversicherung“ aus, in die alle einzahlen und die auch alle Leistungen und nicht nur einen Teil übernimmt. Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Westig, schlug vor, die Kosten für die Pflegeversicherung schnell und ohne Systemumstellung zu senken, indem bestimmte Leistungen von den Krankenkassen übernommen werden.

Kosten könnten durch höhere Löhne weiter steigen

In der Debatte um die Zukunft der Pflege-Finanzierung gibt es schon diverse Vorstöße - und das Problem wird eher noch größer. In der alternden Gesellschaft werden absehbar mehr Menschen Pflege in Anspruch nehmen. Nach Angaben der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Zahl der Leistungsempfänger allein von 2017 auf 2018 um rund 3,7 Millionen und damit 10,4 Prozent gestiegen. Die Ausgaben der Pflegeversicherung erhöhten sich um 7,6 Prozent auf 38,2 Milliarden Euro. Die Kosten dürften auch durch höhere Löhne steigen, die die Regierung im Ringen um dringend benötigte Pflegekräfte durchsetzen will.

Die Vorschläge reichen nun von Bundeszuschüssen bis zur Senkung oder Begrenzung der Eigenanteile. Möglich wären außerdem höhere Beiträge. Spahn hat signalisiert, dass er mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit bei den Eigenanteilen will und vor allem langfristig Pflegebedürftige entlasten möchte. Forderungen nach einer Vollversicherung für die kompletten Pflegekosten hat er abgelehnt. Bis Mitte Mai plant das Ministerium dazu noch Diskussionsveranstaltungen in mehreren Städten, als nächstes am 28. Februar in Landshut und am 19. März in Kassel.