„Zuversicht! 7 Wochen ohne Pessimismus“, lautet das Motto der diesjährigen Fastenaktion der evangelischen Kirche. In Woche eins des Selbstversuchs hat unsere Redakteurin versucht, sich keine Sorgen zu machen.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Waiblingen - So leicht gesagt, so schwer umgesetzt: „Sorgt euch nicht“, lautete das Motto der ersten Fastenwoche. Dabei bin ich eigentlich ein optimistischer, fröhlicher Mensch – meistens zumindest. Denn als ich im Fastenkalender in der vergangenen Woche ein Zitat Mark Twains entdeckte, fühlte ich mich ein wenig ertappt: „Es gab in meinem Leben viele Katastrophen. Einige sind sogar passiert.“ Kennen Sie das auch?

 

Da freut man sich zum Beispiel unbändig auf etwas Schönes – einen Festtag, einen Urlaub, einen Traum, der nach Jahren endlich wahr wird – und dann schleichen sich diese fiesen kleinen Befürchtungen ein: Vielleicht kommt ja noch etwas dazwischen, vielleicht sogar etwas richtig Schlimmes. Vielleicht platzt der Traum doch noch. Und so wird die Vorfreude empfindlich gestört. Das ärgert mich – weil es einfach gar nichts bringt. „Sorge dich nicht, was kommen könnte, sonst zahlst du im Voraus Zinsen für Schulden, die du vielleicht niemals machen wirst“, lautet ein Satz, den ich mal gelesen habe. Wie wahr!

Gottvertrauen gegen Sorgen

Denn tatsächlich ändern meine Sorgen zunächst einmal nichts an der Situation. Sie führen nur dazu, dass ich mich schlecht fühle, be-sorgt bin, um mich selbst kreise. Natürlich sind nicht alle Sorgen grundsätzlich schlecht. Wenn aus Sorge Handeln erwächst, wenn ich sinnvolle Vorsorge treffe, dann können Sorgen durchaus etwas Positives haben. Dann werden sie durch mein Handeln in der Regel auch kleiner. Aber oft rauben sie einfach nur wertvolle Energie.

Die Fastenaktion setzt unseren Sorgen Gottvertrauen entgegen. „Sorgt euch nicht“, spricht Jesus. Das bedeutet nicht, dass der Mensch die Hände in den Schoß legen soll. „Gott will. . ., dass wir die Arbeit behalten und die Sorge ihm überlassen“, wird Martin Luther im Begleitbuch zur Fastenaktion zitiert. Das sei eine sinnvolle Aufteilung, schreibt Susanne Breit-Keßler, die Kuratoriumsvorsitzende von 7 Wochen Ohne: „Wir leben und arbeiten mit den Kräften, die wir haben – und vertrauen darauf, dass daraus Segen erwächst, für uns selbst und für andere.“ Wenn mich Sorgen quälen, dann ist es mitunter eine Herausforderung, Gottvertrauen zu haben. Aber wenn es gelingt, gibt es Hoffnung und Ruhe: Da ist noch einer, der so viel mehr vermag als ich. Einer, der mir in meinem Leben schon so oft geholfen hat.

Sorgen bis zum Ende denken

Doch nicht nur die Kirche, auch die Psychologie hat Tipps für den Umgang mit Sorgen. Tobias Teismann, der geschäftsführende Leiter des Zentrums für Psychotherapie in Bochum, beschreibt, was das Sorgenmachen kennzeichnet: So springe der Betroffene typischerweise von einer Sorge zur nächsten; versuche, sie zu unterdrücken und befasse sich nur sehr abstrakt damit. Ein wirkliches Verarbeiten finde dabei kaum statt, sagt der Psychologe. „Wenn das Nachdenken nur zum Nachdenken führt, hilft es nicht mehr weiter“. Was tun? Könne man sich etwa vor lauter Gedankenkarussell kaum auf die Arbeit konzentrieren, könne es helfen, sich eine kurze Notiz zu machen und sich für einen späteren Zeitpunkt eine „Sorgenzeit“ zu reservieren, in der man sich mit den Sorgen beschäftigt. „Manchmal kommen sie einem dann später schon gar nicht mehr so relevant vor“, sagt Teismann. Aber: „Das funktioniert nicht bei jedem, nicht jeder kann seine Sorgen so kontrollieren.“

Ein anderer Tipp: Die Sorgen möglichst genau aufschreiben und sie konsequent bis zum Ende denken: Was könnte im schlimmsten Fall passieren? Was genau macht mir daran Angst? Indem man sich einmal intensiv damit auseinandersetze, beende man sich ständig wiederholende Sorgen. Denn oft entstehe so schon ein Plan B oder zumindest das Gefühl, auch den schlimmsten anzunehmenden Fall aushalten zu können, erklärt Teismann. „Gleichzeitig sollte man auch das beste und das realistischste Szenario bedenken – das erweitert die Perspektive.“