Anders als sein Vorgänger Louis von Gaal zeigt sich der Interimstrainer des FC Bayern, Andries Jonker, sehr gesprächsbereit.

München - Natürlich ist wieder Arjen Robben am aktivsten gewesen. Der Niederländer gab lautstark Anweisungen, schrie seine Mitspieler an und sogar einmal den Trainer. Der reagierte ruhig und erweckte den Eindruck, als ob er den Einwand ernst nehmen würde. Schon allein an dieser Szene war am Montag zu erkennen, dass sich etwas geändert hat beim FC Bayern München. Der neue Trainer Andries Jonker gibt sich nicht als autoritärer, strenger Chef wie sein Vorgänger, der nach dem 1:1 gegen Nürnberg entlassene Louis van Gaal, sondern zeigt sich gesprächsbereit, sowohl bei den Fußballern als auch beim Vorstand.

 

"Ich finde es wichtig, direkt zu kommunizieren. Meine Tür ist immer offen", hatte er der Mannschaft gleich an seinem ersten Arbeitstag als hauptverantwortlicher Bayern-Trainer erklärt. Und die Clubbosse ließ er wissen, dass er wöchentlich vorsprechen wolle, "um ihre Meinung zu hören und meine Vorteile daraus zu ziehen".

Ob der neue Trainer Großes ändert, ist offen

Plötzlich ist es also wieder laut im Training des deutschen Rekordmeisters, nicht nur Robben traut sich wieder mehr zu reden. Der Sportdirektor Christian Nerlinger hatte schon kurz nach Jonkers Beförderung "die Art und Weise, wie er mit den Spielern umgeht", gelobt. Allerdings müssen die Profis früher aufstehen als bisher. Statt am späten Vormittag wie van Gaal bittet der Interimscoach die Mannschaft schon um zehn Uhr zum Training.

Für Jonker sind das aber nur Kleinigkeiten, ob er Großes ändert, ließ er offen. Weder wollte er sich dazu äußern, ob am Sonntag gegen Leverkusen statt Thomas Kraft wieder Jörg Butt im Tor steht, noch zu anderen Personalentscheidungen, die allein durch die Sperren von Holger Badstuber (fünfte Gelbe Karte) und Robben (muss nach seiner Schiedsrichterbeleidigung zwei Spiele aussetzen) notwendig sind. Er brauche in den letzten fünf Partien "die Spieler nicht auszubilden und auch keine neue Philosophie mehr zu bringen". Es sei nur wichtig, "dass ich am 14. Mai am Abend nach Hause komme und zufrieden bin. Wir müssen diesen dritten Platz erreichen."

In Jonker steckt auch ein bisschen van Gaal

Es waren bewegte Tage für Jonker, der erst am Donnerstag das Angebot der Bayern angenommen hatte, über die Saison hinaus in München zu arbeiten - als Trainer der zweiten Mannschaft und in der Nachwuchsförderung. "Es ist ein großer Schritt für ihn, denn seine Karriere ist sehr eng mit der von van Gaal verbunden", sagt Nerlinger. Jonker hatte bereits bei Ajax Amsterdam, beim niederländischen Fußballverband und beim FC Barcelona 2002 mit seinem Landsmann zusammengearbeitet.

Jonker war stets ein loyaler Mitarbeiter, dem van Gaal in den vergangenen 21 Monaten oft die Leitung des Trainings übertrug. Deshalb, gibt er zu, würde natürlich auch ein bisschen van Gaal in ihm stecken. "Er hat sehr viel sehr gut gemacht hier", sagt er. Die Meinung seines bisherigen Chefs war ihm auch am Samstagabend wichtig, als die Bayern ihm den Job des Interimstrainers angeboten hatten. Zweimal habe er mit van Gaal telefoniert, erzählt er. "Als er gesagt hat, dass er diesen Job übernehmen würde, wenn er in meinen Schuhen stecken würde, habe ich mich dafür entschieden." Er war es auch, der dem Vorstand vorgeschlagen hatte, van Gaal "die Gelegenheit zu geben, sich noch einmal von der Mannschaft zu verabschieden".

Bisher war Jonkers Arbeit von mäßigem Erfolg

Van Gaal tauchte am Montag um kurz vor zehn Uhr an der Säbener Straße auf, eine Stunde später verließ er das Trainingsgelände mit dem Bayern-Dienstwagen, allerdings nicht durch das offizielle Garagentor, sondern durch die Ausfahrt hinter dem Gelände. Den wartenden Kamerateams und Reporter winkte er im Vorbeifahren noch einmal kurz zu. Vaarwel - Auf Wiedersehen.

Derweil stand Jonker schon auf dem Trainingsplatz, zum fünften Mal als Chef. Er hatte seine Trainerkarriere einst beim FC Voledam in der zweiten holländischen Liga begonnen. Nach der Rückkehr aus Barcelona betreute er den MVV Maastricht und den Ehrendivisionär Willem II Tilburg allerdings mit mäßigem Erfolg. Jonker konnte nirgendwo die Erwartungen erfüllen. Nerlinger ist dennoch sicher, "dass er die große Aufgabe meistern wird", die Mannschaft auf den dritten Tabellenplatz und damit in die Champions-League-Qualifikation zu führen.