Der FC Bayern München eröffnet an diesem Freitag die Saison – mit einem Quartett aus dem Land des Weltmeisters. Wird der FC Bayern nun zum FC Frankreich München?

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart/München - Es wird in diesen Tagen, ach was, in diesen Wochen ja gerne ausdauernd darüber debattiert, wen der FC Bayern München so alles nicht gekauft hat, wo es noch harzt und hakt im dünnen Kader des Rekordmeisters. Und wie weit der große Konkurrent Borussia Dortmund den Bayern enteilt ist in Sachen Kaderplanung. Als Trendsetter werden die Münchner Strategen um Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic vor dem Eröffnungsspiel der Bundesliga an diesem Freitag gegen Hertha BSC (20.30 Uhr/ZDF) eher weniger betrachtet. Um es vorsichtig auszudrücken.

 

Dabei sind sie es doch. Denn die Bayern setzten einen Trend. Zumindest in einem Punkt – sogar in einem weltmeisterlichen.

Vier Franzosen in München

Corentin Tolisso und Kingsley Coman sind schon länger da, nun kamen noch die Neuzugänge Lucas Hernandez und Benjamin Pavard hinzu. Vier Franzosen also in München. Vier Franzosen für ein Halleluja. Oder, besser: Allez les, Bayern! Womöglich stehen Tolisso, Coman, Hernandez und Pavard sogar zusammen auf dem Platz im ersten Spiel gegen die Hertha.

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Das neue Quartett des FC Bayern aus dem Land des Weltmeisters steht dabei sinnbildlich für einen Trend in der Bundesliga, die gerade allzu gerne in Richtung Westen über die Grenze schaut. Die Zahl der französischen Profis in der Liga steigt kontinuierlich. Aktuell sind es 27, die französische ist damit die zweitgrößte Fraktion an ausländischen Spielern nach den Österreichern (33). Zum Vergleich: Vor sieben Jahren kickten gerade einmal drei Franzosen in der Bundesliga. Warum also wird der FC Bayern zum FC Frankreich München – und die Bundesliga zur Zweigstelle der Ligue 1?

Sehr gutes Fördersystem

Zum einen sorgt die formidable Schule in den hoch geschätzten Nachwuchsakademien Frankreichs für eine regelrechte Schwemme an exzellent ausgebildeten jungen Profis. Der aktuelle Weltmeister hat auch in der Nachwuchsarbeit derzeit die Nase vorn – das weiß auch der DFB-Direktor Oliver Bierhoff: „Sie haben ein sehr gutes Fördersystem aufgebaut und viel in die Trainerausbildung investiert“, sagt er: „In Frankreich haben sie spezielle Methoden entwickelt: Kylian Mbappé wurde im Alter von 15 Jahren ein Jahr zur Akademie des Verbandes in Clairefontaine abgezogen.“Lesen Sie hier: Koan Neuer mehr für den FC Bayern?

Viele junge Franzosen sind derzeit technisch besser ausgebildet als deutsche Jungprofis – wer nach dem klassischen Straßenfußballer sucht, der wird aktuell eher im Land des Weltmeisters fündig als im deutschen Nachwuchsbereich.

Gute Erfahrungen

Beim Rekordmeister in München wiederum sieht man die Dinge fernab der weltmeisterlichen Qualität seiner vier Franzosen auch ganz pragmatisch. „Wir haben mit französischen Spielern immer gute Erfahrungen gemacht“, sagt der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge trocken – und erinnert dabei gerne an Willy Sagnol oder Bixente Lizarazu.

Im Jahr 2001, als der FC Bayern das Finale in der Champions League gewann, verteidigte auf links Lizarazu, auf rechts Sagnol. Eine französische Abwehrzange könnten nun auch Hernandez, der für die Ablöse von 80 Millionen Euro von Atlético Madrid kam, und Pavard (kam für 35 Millionen Euro vom VfB Stuttgart), bilden.

Der Trumpf der beiden Neuen ist ihre Flexibilität. Hernandez kann sowohl in der Innenverteidigung als auch auf der linken Abwehrseite eingesetzt werden, gleiches gilt auf rechts für Pavard. Bei der WM 2018 bildeten sie das Außenverteidigerduo, beide bevorzugen allerdings die Position im Abwehrzentrum.

Es wird spannend beim FCB

Es könnte taktisch und personell spannend werden beim FC Bayern – denn sollte Pavard bei Bayern auf rechts verteidigen, könnte der bisherige Rechtsverteidiger Joshua Kimmich ins Mittelfeld vorrücken, dorthin, wo er mittlerweile auch in der Nationalelf spielt. Dass Hernandez auf der linken Seite seinen Stammplatz findet, ist dagegen eher unwahrscheinlich. Denn dort verteidigt der gesetzte Österreicher David Alaba, dessen Nebenmann Mats Hummels war – bis zu diesem Sommer.

Pavard und Hernandez sind nach der Darstellung des FC Bayern zumindest indirekt für den Abgang des deutschen Weltmeisters zu Borussia Dortmund verantwortlich. Der Trainer Niko Kovac soll Hummels signalisiert haben, dass er gegen die neuen Konkurrenten Pavard und Hernandez um einen Stammplatz kämpfen muss und nicht mehr von vornherein gesetzt ist. Woraufhin Hummels sich dem Vernehmen nach entschloss, in Richtung Westen abzuwandern.

Auch Hummels wird nun genau hinschauen, wie sich seine Nachfolger in der Bayern-Abwehr präsentieren – und ob sein Weltmeisterkumpel Jérôme Boateng mittelfristig eine Chance haben wird im Konkurrenzkampf gegen die französische Abwehrmacht in München.