Während der FC Bayern München unaufhaltsam Richtung Titel marschiert, fragen sich viele, wie Uli Hoeneß ersetzt werden soll. Mit dem Aufsichtsratsvorsitzendem Herbert Hainer und Karl Hopfner, Interimspräsident, wurde die Lücke nominell geschlossen.

Stuttgart - Es ging dann zunächst um die zugegeben doch sehr, sehr bunte Unterhose von Franck Ribéry. Philipp Lahm hatte auf der Auswechselbank noch versucht, das Schlimmste zu verhindern, trotz des provisorischen Sichtschutzes des Kapitäns des FC Bayern aber war der Liebestöter des Franzosen vor dessen Einwechslung sekundenlang zu sehen gewesen. „So etwas Tolles“, witzelte Lahm später, „habe ich nicht im Schrank.“

 

Abgesehen von diesem auch thematisch wertvollen Abstecher in Ribérys Garderobe war die Stimmung am Samstagabend in der München Arena aber eher seriös, vielleicht sogar melancholisch. Im Spiel eins ohne Uli Hoeneß hatte sich der FC Bayern zwar nicht von seinem Erfolgsweg abbringen lassen und einen Tag nach dem Rücktritt des zu einer Haftstrafe verurteilten Ex-Präsidenten Bayer Leverkusen hochverdient mit 2:1 (1:0) geschlagen, Feierstimmung aber kam nicht auf, zu sehr wirkt das Aus für den Clubpatriarchen noch nach. Das Paradoxe ist: der Tripelsieger erlebt derzeit sportlich und finanziell die erfolgreichste Zeit der Clubgeschichte, gleichzeitig aber ist er in seinen Grundfesten erschüttert. Und wie es weitergeht, das weiß noch niemand so genau.

Der Verein macht sich Gedanken über die Zukunft

Matthias Sammer wollte am Samstagabend nicht von einer Stunde null sprechen, der Sportvorstand der Münchner räumte aber ein, dass man sich natürlich Gedanken um die Zukunft mache. „Sein Lebenswerk, sein Geist bleibt“, sagte Sammer: „Wir stehen in der Verantwortung, diese Geschlossenheit, aber auch diese Angriffslust zu zeigen. Wir wollen nicht in irgendeine lethargische Phase verfallen.“

In sportlicher Hinsicht spricht derzeit wenig dafür, dass die seit nunmehr 50 Ligaspielen unbesiegten Münchner in ein Loch fallen. Nach den Treffern von Mario Mandzukic (44.) und Bastian Schweinsteiger (52.) sowie dem folgenlosen Gegentor von Leverkusens Stefan Kießling in der Nachspielzeit kann der Tabellenführer bereits am nächsten Wochenende die 24. Meisterschaft einfahren. Voraussetzung dafür ist ein Sieg in Mainz, gleichzeitig dürfen Dortmund (in Hannover) und Schalke (gegen Braunschweig) nicht gewinnen.

Wer wird der Nachfolger?

Zudem hatten die Münchner bereits am Freitag umgehend auf Hoeneß’ Rücktritt reagiert. Mit dem Adidas-Chef Herbert Hainer (neuer Aufsichtsratsvorsitzender) und Karl Hopfner (Interimspräsident) wurde die Lücke nominell geschlossen. Mehr wohl aber nicht. Trotz der intakten Strukturen scheint es, als habe der Club seinen inneren Kompass verloren, als wisse er nicht so recht, was aus ihm wird ohne den wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilten Übervater. Hoeneß war nicht nur Spieler, Manager, Präsident und Aufsichtsratschef. Er war über Jahrzehnte Kopf, Herz, Bauch und Seele des deutschen Fußball-Rekordmeisters. Einen originalgetreuen Ersatz zu finden dürfte unmöglich werden. Die Last der Nachfolge soll daher auch auf mehrere Schultern verteilt werden, sie muss es auch, denn, so sagte es Sammer: „Niemand braucht Uli zu kopieren, das geht sowieso nicht.“

Nicht wenige befürchten allerdings, dass der Geist des volksnahen Hoeneß, der als soziales Gewissen des Vereins galt, zu dem mancher Spieler auch mit privaten Sorgen ging, der ein feines Gespür für Stimmungen und Entwicklungen hatte, dass dieser Geist trotz der anderslautenden Versprechungen verloren geht. Möglicherweise nicht sofort, aber mittel- und langfristig. „Es ist ein ganz schwieriger Moment für den Verein, für uns alle. Es tut uns allen weh“, sagte der Flügelstürmer Arjen Robben über die Person Uli Hoeneß: „Er ist und bleibt für immer der Mister FC Bayern.“