Die Fraktionschefin der FDP, Birgit Homburger, steht in der Kritik. Verschiedene Treffen entscheiden über ihre politische Zukunft.

Berlin - Über Ostern haben sie in der FDP nach außen hin stillgehalten. Aber der Schein trügt. Intern wird mächtig geschoben und gezogen. Es geht um das künftige Personal und um die politische Richtung. Vor allem die Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger wird eiserne Nerven brauchen, wenn sie erfolgreich ihren Posten in der Koalition verteidigen will. Denn an keinem Stuhl wird in Berlin derzeit emsiger gesägt als an ihrem.

 

Es ist ein zäher Kampf, auf den sie sich eingelassen hat. Ein erster Versuch, sie von der Fraktionsspitze zu drängen, ist zwar unmittelbar nach den verlorenen Wahlen in ihrem Heimatland Baden-Württemberg gescheitert. Aber die Kritiker der Vorsitzenden der Südwest-FDP wollen keine Ruhe geben. Mit kühlem Kalkül blicken sie jenen Tagen entgegen, an denen es für Homburger um alles geht.

Keine Garantie für Homburgers politisches Überleben

Am 2. Mai, wenn der designierte Parteichef Philipp Rösler den Spitzengremien sein Personaltableau für den Bundesparteitag Mitte Mai präsentiert, wird Homburger zwar nicht unmittelbar betroffen sein. Sie hat bereits kundgetan, nicht mehr als Beisitzerin für das Präsidium antreten zu wollen. Aber wenn die Diskussion anhebt, ob Röslers Plan der Erneuerung ausreicht, wird man doch schnell wieder auf sie zu sprechen kommen.

Danach folgt der 7. Mai, der Sonderparteitag der Liberalen in Baden-Württemberg, auf dem sie dann wieder als Landesvorsitzende antreten will, aber mit dem Vizelandeschef Michael Theurer auf mindestens einen Gegenkandidaten treffen wird. Unterliegt sie, dann sei sie als Fraktionschefin fällig, sagen führende Liberale. Aber selbst wenn sie diesen Härtetest besteht, ist das noch keine Garantie für ihr politisches Überleben.

Homburger hat als Rednerin miserable Noten

Schon am 8. Mai wird sie sich im Rahmen der Fraktionsklausur abermals ihren Abgeordneten stellen müssen. Eigentlich hatte sie dem Vernehmen nach geplant, bei der Klausur zur Routine zurückzukehren und Sachthemen wie die Eurorettung und die Energiepolitik abzuarbeiten. Aber die Abgeordneten muckten auf und forderten eine Generaldebatte darüber, wie die Arbeit in der Fraktion neu zu organisieren sei. Die Außendarstellung der Arbeit im Parlament müsse dringend verbessert werden, heißt es. Homburger lenkte ein. Ausgerechnet dieses Thema aber ist ihr wundester Punkt. Ihr werden als Rednerin und Talk-Runden-Gast miserable Noten verliehen, mit denen sich viele in der Fraktion nicht mehr abfinden wollen. Auch, weil sie glauben, in ihren Landesgremien für Homburgers Auftritte in Mithaftung genommen zu werden. "Viele haben die Schnauze voll", sagt ein Abgeordneter.

Die Fraktion wählt allerdings erst im Oktober den Vorstand neu. Deshalb wird in der Partei offenbar von einigen erwogen, auf dem Bundesparteitag einen Antrag zur Abstimmung zu stellen, in dem sie aufgefordert wird, sich von der Fraktionsspitze zurückzuziehen. Den Jungen Liberalen wird ein solcher Vorstoß zugetraut. Auch wenn ein entsprechendes Votum des Parteitags formal nicht bindend wäre, würde sie eine solche Meinungsbekundung nicht überstehen.

Bei vielen Jüngeren genießt Homburger Ansehen

Homburger hat allerdings noch immer einige einflussreiche Verbündete in der Fraktion. Den ersten parlamentarischen Geschäftsführer Jörg van Essen zum Beispiel, der bei einem Wechsel an der Spitze wohl auch seinen Posten verlieren würde. Auch der Arbeitsmarktexperte und Vizefraktionschef Heinrich Kolb steht an ihrer Seite. Für seine Solidaritätsbekundung zu Birgit Homburger war er auf dem Landesparteitag in Hessen Mitte April ausgebuht worden.

Bei den Jüngeren stößt Homburger ebenfalls nicht nur auf Ablehnung. Ihr unbestrittener Bienenfleiß und die Akribie, mit der sie sich in sämtliche Details vertieft, mögen einige in der Fraktion als Gängelung empfinden. Bei einigen Jüngeren, die neu ins Parlament kamen und sich unsicher vorantasteten, erwarb sie sich damit aber Respekt und Ansehen. Ein Abgeordneter schätzt denn auch das Verhältnis Befürworter und Gegner auf 50 zu 50: ein Patt.

"Freiwillig geht die nicht."

Über Homburgers Nachfolge wird bereits heftig spekuliert. Im Gespräch sind die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Daniel Bahr, der Staatssekretär im Gesundheitsministerium. Gegen den 34-jährigen Bahr spricht freilich sein Alter. Die reiferen Semester könnten sich in der Partei nicht mehr repräsentiert sehen, wenn neben Philipp Rösler und dessen Generalsekretär Christian Lindner noch ein Dritter in den engsten Führungskreis stößt, der weniger als 40 Jahre alt ist. Außerdem sind Frauen an der Spitze unterrepräsentiert. Alles Gründe, die für Leutheusser-Schnarrenberger sprechen. Sie würde es wohl machen, sagen einige in der Fraktion, gern sogar. Noch aber wartet sie ab, denn Homburger gibt sich nicht geschlagen. In einem sind sich Gegner wie Unterstützer jedenfalls einig: "Freiwillig geht die nicht."