Die FDP wollte ihren Führungsstreit beenden – und hat Parteichef Rösler gestärkt. Abgestraft haben die Delegierten Dirk Niebel und Birgit Homburger – beide haben ihre Position in der FDP-Spitze verloren.

Berlin - Nach den teilweise überraschenden Ergebnissen bei der Wahl der Parteiführung will die FDP auf ihrem Parteitag am Sonntag Fraktionschef Rainer Brüderle zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl nominieren. Der 67-Jährige soll die Freidemokraten zusammen mit dem wiedergewählten Parteichef Philipp Rösler erneut ins Parlament führen. Brüderle soll am zweiten Tag des Delegiertentreffens in Berlin nicht gewählt, sondern per Akklamation ernannt werden.

 

Am Vortag hatte die Partei nach monatelangem Führungsstreit Parteichef Rösler mit einem guten Wahlergebnis gestärkt: Die Delegierten bestätigten ihn mit 85,7 Prozent im Amt. Seinem Rivalen, dem nordrhein-westfälische Landeschef Christian Lindner, bescherten sie bei der Wahl der Stellvertreter mit 77,1 Prozent ein überraschend schwaches Ergebnis.

Homburger und Niebel werden abgewählt

Zugleich straften die knapp 650 Delegierten gleich zwei Regierungsmitglieder ab: Sowohl Entwicklungsminister Dirk Niebel als auch Gesundheitsminister Daniel Bahr verweigerten sie ein Führungsamt. Beide mussten sich bei den Wahlen für die engere Parteispitze dem Kieler Fraktionschef Wolfgang Kubicki geschlagen geben. Abgewählt wurde auch die bisherige Rösler-Stellvertreterin Birgit Homburger - sie kam aber wenigstens noch als Beisitzerin ins Präsidium.

Bei der Entscheidung über die drei Stellvertreterposten setzten sich neben Lindner noch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (83,7 Prozent) und der sächsische Landeschef Holger Zastrow (49,7 Prozent) durch, die ihre Ämter damit behaupteten. Generalsekretär Patrick Döring wurde im Amt bestätigt (65,6 Prozent). Lindner sprach mit Blick auf die Abstrafungen von einem „reinigenden Gewitter“.

Unterschiede zur Union betont

Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl ist die Wiederwahl für Vizekanzler Rösler ein großer Erfolg. Er hatte bis zur Landtagswahl in Niedersachsen, wo seine Partei dann auf fast zehn Prozent kam, massiv in der Kritik gestanden. In seiner einstündigen Rede gab er eigene Fehler zu. Zugleich rief er die Partei auf, mit besserer Team-Arbeit für die Wiederwahl von Schwarz-Gelb zu kämpfen. Nach allen Umfragen muss die FDP am 22. September um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen. Im ZDF-„Politbarometer“ lag sie zuletzt nur bei vier Prozent.

Der Parteitag machte auch Unterschiede zum Koalitionspartner Union deutlich. Mit großer Mehrheit stimmten die Liberalen dafür, eingetragene Lebenspartnerschaften unverzüglich mit der normalen Ehe rechtlich gleichzustellen. Einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn lehnte Rösler weiter strikt ab. Er zeigte sich aber „differenziert nach Regionen und Branchen“ zu Lohn-Untergrenzen bereit.