Vizekanzler Olaf Scholz will das Rentenniveaus bis 2040 festschreiben. Der rentenpoltische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, kritisiert Mehrausgaben von 80 Milliarden Euro – jährlich. Der Liberale will stattdessen als Ergänzung zur gesetzlichen Rente die Reform der privaten Vorsorge.

Berlin - Statt das Rentenniveau festzuschreiben, will der rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion sich auf den Kampf gegen Altersarmut konzentrieren.

 

Herr Vogel, der Finanzminister will das Rentenniveau bis 2040 stabil auf 48 Prozent halten. Was halten Sie davon?

Zunächst einmal ist das ein Etikettenschwindel. Olaf Scholz suggeriert, die Renten würden sinken, sollte er sich nicht durchsetzen. Das ist aber nicht der Fall. Die Renten werden auch in Zukunft steigen, nur etwas weniger stark als die Löhne. Diese Rentenformel hat die SPD im Übrigen selbst eingeführt, und es ist unverantwortlich, dass der Finanzminister sie jetzt zu Lasten der Jungen manipulieren will. Die Rente ist nun mal ein Umlagesystem und das aktuelle Niveau lässt sich nur halten, wenn es erheblich mehr Einzahler als Empfänger gibt. Das ist aber bald nicht mehr der Fall, und der Finanzminister muss erklären, wie er das bezahlen will. Wir reden über 80 Milliarden Euro Zusatzausgaben bereits 2035 – jedes Jahr. Will Olaf Scholz den Beitragssatz explodieren lassen, will er Steuern erhöhen? Darauf gibt er keine Antwort.

Was ist Ihre Antwort auf die Fragen verunsicherter Menschen?

Ich will ein Rentensystem, das für alle Generationen fair und zukunftssicher finanziert ist und das nicht nur auf die gesetzliche Rente, sondern in einem Baukastensystem auch auf die kapitalgedeckte private Vorsorge setzt. In der gesetzlichen Rentenversicherung müssen wir uns dabei vor allem um diejenigen kümmern, die wirklich von Altersarmut bedroht sind. Wir brauchen eine bessere Erwerbsminderungsrente, gezielte Maßnahmen für Geringverdiener, eine vernünftige Pflicht zur Vorsorge für Selbstständige mit Wahlfreiheit. Wir müssen auch dafür sorgen, dass jeder, der sein Leben lang gearbeitet hat, mehr bekommt als die Grundsicherung im Alter. In diesen Punkten wäre mit der FDP sehr schnell eine Einigung möglich. Aber die große Koalition macht lieber Politik mit der Gießkanne. Denn 90 Prozent der Ausgaben des aktuellen Rentenpakets beziehen sich gar nicht auf Maßnahmen, die konkret gegen Altersarmut helfen.

Das Geldvermögen und die Lebensversicherungen der Deutschen werden durch Niedrigzinsen entwertet, käme es da nicht umso mehr auf die gesetzliche Rente an?

Wir müssen endlich Transparenz und Verbraucherfreundlichkeit bei allen Vorsorgemodellen durchsetzen. Und wir müssen Anbietern die Chance eröffnen, einen größeren Anteil des ihnen anvertrauten Geldes auch in Aktien mit viel höheren Renditen zu investieren. Das ist gerade für jene, die für die private Vorsorge nur wenig Geld aufbringen können, enorm wichtig. Viele sagen, das Verlustrisiko sei dann zu groß. Aber wir reden bei der Altersvorsorge über ganz lange Anlagezeiträume von 20 oder 30 Jahren. Und da ist das Verlustrisiko statistisch gesehen gleich Null.

Brauchen wir ein höheres Renteneintrittsalter?

Die Zeit, in der Politiker das entscheiden, sollte generell vorbei sein. Die Schweden machen es uns vor. Dort gibt es kein starres Renteneintrittsalter. Jeder kann selbst entscheiden, wann er in Rente geht. Wer früher geht, bekommt weniger, wer länger arbeitet, mehr. Teilrentenmodelle sind ohne Einschränkungen möglich. Zuverdienstgrenzen gibt es nicht. Der Erfolg gibt diesen Pionierländern recht. Denn zum einen ist die gesellschaftliche Debatte befriedet, weil jeder seinen eigenen Weg finden kann, und zum anderen gehen die Schweden mit ihren flexiblen Altersteilzeitmodellen im Durchschnitt deutlich später in Rente als die Deutschen.

Setzten Sie in der Koalition jetzt auf den Widerstand der Union?

Die aufgescheuchte Reaktion der Union zeigt, dass sie kein Deut besser ist. Wir haben die Union immer darauf hingewiesen, dass sie mit ihrem Versprechen eines stabilen Rentenniveaus bis 2025 Ansprüche geweckt hat, die extrem schwer zurückzunehmen, aber eben auch nicht dauerhaft zu finanzieren sind.