Ministerpräsident Kretschmann gilt als über die Maßen integer. Aber mit seinen Nebenabreden habe sein Ruf einen Kratzer erlitten, meint FDP-Fraktionschef Rülke.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist aus Sicht von FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke seinem Anspruch, die Gesellschaft zusammenzuführen, nicht gerecht geworden. Nicht einmal in der eigenen grün-schwarzen Koalition ziehe man an einem Strang, sagte der Liberale der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Die geheimen Nebenabreden zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag sind ein Zeichen für mangelndes Vertrauen gegenüber den eigenen Abgeordneten und Landesverbänden.“ Auch mit Blick auf die aus seiner Sicht wenig ambitionierte Haushaltspolitik zog er eine negative Bilanz der ersten 100 Tage von Grün-Schwarz.

 

Überdies spiele der Regierungschef, der sich gern als ehrliche Haut präsentiere, mit seinem Bekenntnis „Ich mauschele schon immer“ der AfD in die Karten. Deren Konzept basiere darauf, die etablierten Parteien der Wählertäuschung zu bezichtigen. „Das ist so, als ob Papst Franziskus erklärt: „Ich habe schon immer ein Offshore-Konto.““

In den Nebenabreden sind unter anderem geplante Ausgaben für Projekte aufgelistet, die vom Haushaltsvorbehalt ausgenommen, also unabhängig von der Finanzlage umgesetzt werden sollen. Die dauerhaften Kosten liegen bei jährlich mehr als 750 Millionen Euro. „Ein solches Vorgehen ist nicht gang und gäbe“, sagte der Liberale.

Es sei ein Unding, dass die Abgeordneten Kretschmann zum Ministerpräsidenten wählen und die Landesparteitage den Koalitionsvertrag absegnen mussten, ohne die Nebenabreden zu kennen. „Aber der Vertrauensbruch gegenüber der Öffentlichkeit ist das Schlimmste.“ Die Wähler fühlten sich hinters Licht geführt. „Mit solchen Winkelzügen zerstört Kretschmann nicht nur das eigene Image, sondern auch das Vertrauen der Menschen in die Politik.“

Koalitionäre seien uneinig beim Thema innere Sicherheit

Uneinig seien sich die Koalitionäre beim Thema innere Sicherheit. Innenminister Thomas Strobl (CDU) fordere den Einsatz der Bundeswehr im Innern, während Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand das ablehne. Auch um das Verhältnis von Strobl und Kretschmann sei es nicht zum Besten bestellt, sagte Rülke. „Sie siezen sich noch - das hat Gründe.“

Anders als SPD-Fraktionschef Andreas Stoch glaubt Rülke nicht, dass die CDU einen Koalitionsbruch provozieren wird. „Dennoch halte ich es durchaus für möglich, dass Grün-Schwarz auf der Strecke an inhaltlichen Fragen zerbricht.“ Dann werde die FDP zur Stelle sein.

Man sei bereit, „über eine Deutschland-Allianz aus CDU, SPD und FDP zu reden, wir fürchten aber auch Neuwahlen nicht.“ Er halte es für möglich, dass Kretschmann - anders als angekündigt - vor der nächsten Landtagswahl abtritt, damit ein grüner Nachfolger 2021 vom Amtsbonus profitieren kann, sagte Rülke. Kretschmann könne aber auch 2021 noch einmal antreten mit dem Versprechen bis 2026 im Amt zu bleiben. Eines sei aber klar: „Der Amtswechsel wird nicht 2021 vollzogen, das wäre politisch völliger Nonsens.“ www.http://stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.spd-landeschef-schmid-ueber-gruen-schwarz-unreife-kiwis-schmecken-herb-und-sauer.c5eaac77-59cb-4f47-9dc3-1872e719109c.html