Der FDP-Bundestagskandidat Marcel Distl mag keine Verbote, erst recht nicht im Klimaschutz. Er wünscht sich ein verbraucherfreundliches Vorgehen.

Kreis Ludwigsburg - Die FDP als „Mehrheitsbeschaffer“ ist eine veraltete Vorstellung, geht es nach Marcel Distl, dem Bundestagskandidaten im Wahlkreis Neckar-Zaber. Der 28-Jährige aus Freiberg sieht seine Partei nach der Ära Merkel im Aufwind. Umfragen stellen den Liberalen ein Ergebnis von 12 bis 13 Prozent in Aussicht.

 

Das Platzen einer möglichen Jamaika-Koalition im Jahr 2017 mit einem sperrigen Christian Lindner hält Distl für bewältigt: „Es hat gezeigt, dass wir nicht um jeden Preis regieren müssen – wir wollen für niemanden das fünfte Rad am Wagen spielen.“ Der Kandidat hält die Grundrechte der Bürger nach Lockdowns für „ziemlich geschliffen“ und fordert in der Pandemie mehr Freiheit.

Die FDP als „Anwalt der Bürgerrechte“

Ein Dorn im Auge waren dem Kandidaten Distl trotz eines breiten Corona-Grundkonsenses die nächtlichen Ausgangssperren während der Bundesnotbremse mit einer Inzidenz von 100, „da habe ich die Verhältnismäßigkeit vermisst“. Auch die Gerichtsschelte, die manche Politiker nach entsprechenden Urteilen hielten, findet der Liberale unangemessen. Distl sähe die FDP in einer Koalition als „liberales Korrektiv“ und „Anwalt der Bürgerrechte“.

Schwarz, rot, grün – einen Favoriten unter den möglichen Bündnispartnern habe er nicht. Nach dem Umfragehoch der SPD sei das Rennen wieder offen – die Liberalen müssten sondieren, wer mit ihnen inhaltlich die größten Schnittmengen bilde.

Reine Fokussierung auf E-Fahrzeuge sei falsch

Mit Verboten als politisches Mittel insbesondere im Klimaschutz können Freidemokraten wie Marcel Distl wenig anfangen. „Sie zählen zu meinen größten Schreckgespensten“, sagt der persönliche Referent eines FDP-Landtagsabgeordneten. Die Bürger bräuchten Sicherheit, ihre Verbrenner zu Ende fahren zu können. Eine reine Fokussierung auf E-Fahrzeuge sei falsch.

Das einzige Verbot, das er unterstütze, sei der Deckel für den CO2-Gesamtausstoß in Deutschland. Allerdings sollten Unternehmen durch den Kauf von CO2-Zertifikaten in einem globalen Emissionshandel ihren Standort in Deutschland sichern können. „Zwar werden die Preise dadurch steigen, doch sollte der Staat Geld durch eine niedrigere Stromsteuer, die Abschaffung der EEG-Umlage und eine Klima-Dividende aus dem CO2-Zertifikatehandel an die Bürger zurückgeben.“

Steuerfreibetrag für den Kauf der ersten Immobilie

Pragmatische Lösungen strebt Distl ebenso bei den E-Fahrzeugen an. „Die Ladesäulen sollten kompatibel sein“, sagt er und propagiert zudem synthetische Kraftstoffe für Verbrenner. Viele Fragezeichen stünden hinter einer Stadtbahn durch das Neckar- und Bottwartal. „Wie ich gehört habe, ist der Kosten-Nutzen-Faktor weit von der notwendigen 1,0 entfernt.“ Trotzdem sollte man das Projekt im Auge behalten, bis die Wirtschaftlichkeit abschließend geklärt sei.

Die Wohnungsnot gerade auch im Landkreis Ludwigsburg müsse man mit Neubauten begegnen. „Bauen, bauen, bauen ist das Gebot der Stunde“, sagt Distl. Nicht zielführend sei eine Mietbremse. „In Berlin ist das Angebot von Mietwohnungen von Januar 2020 in einem Jahr um 30 Prozent eingebrochen, in Stuttgart stieg es um 66 Prozent.“ Finanzielle Anreize böte ein Freibetrag von 500  000 Euro in der Grunderwerbssteuer für die erste selbst genutzte Immobile.

Wohnbauprojekte wie in Freiberg finden Zustimmung

Angetan ist Distl von dem geplanten Autobahndeckel an der A 81 beim Freiberger Stadtzentrum. „Dadurch entstehe neuer Wohnraum, deutlich weniger Verkehrslärm, und die drei Teilorte wachsen weiter zusammen.“ Es sei richtig, wenn der Staat ein solches Projekt stark fördere.

Auf der Landesliste zehn Plätze gutgemacht

Werdegang
 Der 28-Jährige Marcel Distl ist in Ludwigsburg geboren, sein Abitur machte er in Freiberg. Danach studierte er Politik und Soziologie in Würzburg. Seit 2017 ist er Mitarbeiter des Heilbronner FDP-Landtagsabgeordneten Nico Weinmann. Bei der Wahl vor fünf Jahren holte er im Wahlkreis Neckar-Zaber 8,7 Prozent der Erststimmen und 14,7  Prozent der Zweitstimmen. Er rückte nun im Vergleich zu 2017 vom Landeslistenplatz 34 auf den Platz 24 vor.

Liberaler
ist Marcel Distl nach einem Praktikum im Jahr 2015 bei der FDP-Landtagsfraktion geworden. Zu seinen Lieblingsthemen zählt die Bildungspolitik. Der Staat müsse die Kinder in bildungsfernen Familien stärker unterstützen. Der Freiberger ist stellvertretender Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Ludwigsburg. Er ist auch Vorsitzender des FDP-Ortsverband in Freiberg. Entspannung findet der Politiker beim Fahrradfahren.