Am Freitag entscheidet die FDP nicht nur über den Eurokurs der Partei, sondern auch darüber, ob Philipp Rösler Parteichef bleibt.  

Berlin - Am Freitag entscheidet sich, ob Philipp Rösler wenigstens bis zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mai im Amt des Parteichefs bleibt. Am Donnerstag wurde der Mitgliederentscheid zum Euro-Rettungsschirm ESM ausgezählt. Am Freitag soll das Ergebnis bekanntgegeben werden. Egal, wie das Votum ausfällt: Die FDP wird weitere unruhige bis stürmische Tage erleben. Denn allein der Umgang der Parteispitze mit dem Mitgliedervotum hat viele empört. Im schlimmsten Fall droht die Spaltung der Partei.

 

Auf den Weg gebracht hat den Mitgliederentscheid der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler, unterstützt vom sozialliberalen Urgestein Burkhard Hirsch und anderen. Sie fordern die Bundestagsabgeordneten der FDP auf, gegen den permanenten Rettungsschirm ESM zu stimmen, der an klamme Euroländer Hilfen von bis zu 500 Milliarden Euro vergeben soll. Dies sei mit europäischen Regeln nicht vereinbar. Die Parteiführung hat dem einen eigenen Antrag entgegengesetzt. Sie will unter strengen Auflagen dem Rettungsschirm zustimmen.

Rösler agierte zwischenzeitlich ängstlich bis gar nicht

Von Beginn an fühlten sich die Initiatoren durch das Verfahren benachteiligt. Die Parteispitze nutze den Apparat, um die Kritiker auszubremsen, so die Kritik. Außerdem habe man das Verfahren bewusst kompliziert gestaltet, damit möglichst viele Voten ungültig seien. Die Parteiführung um Philipp Rösler wirkte zutiefst verunsichert und wechselte zudem die Strategie. Zunächst wurde das Votum als Meilenstein innerparteiliche Demokratie gewürdigt. Zwischenzeitlich agierte Rösler ängstlich bis gar nicht. Als er dann glaubte, dass die notwendige Mindestzahl an abgegebenen Stimmen nicht erreicht werde, erklärte er den Entscheid am Wochenende - Tage vor dem Ende der Einsendefrist und unabhängig vom Ausgang - für gescheitert. Generalsekretär Lindner, der dem Vernehmen nach dieses Vorgehen missbilligte, verteidigte Rösler zunächst und trat dann am Mittwoch völlig überraschend und ohne Angabe von Gründen zurück. Er wollte damit wohl auch verhindern, nach der Bekanntgabe des Votums als Sündenbock der Parteispitze dazustehen.

Vier Szenarien sind denkbar, drei davon glaubt die Parteispitze bewältigen zu können. Variante eins: Das Quorum, das dem Entscheid den Rang eines Parteitagsbeschlusses garantiert, wird erreicht und Rösler liegt vorn. Dafür müssten mehr als 21.l500 der 65.000 Mitglieder eine gültige Stimme abgegeben haben und eine Mehrheit auf Röslers Antrag entfallen. Rösler wäre dann wegen der Querelen im Vorfeld zwar geschwächt, aber wohl weiter handlungsfähig. Gleiches gilt für Variante zwei: Das Quorum wird nicht erreicht, Rösler liegt vorn.

Brüderle übernimmt im Falle des Falles die Führung

Schwierig wird Variante drei: Das Quorum wird verfehlt, aber die Schäffler-Anhänger obsiegen. Dann kann Rösler zwar formal argumentieren, dass der Bescheid keine bindende Wirkung hat. Aber die Unruhe wäre wohl nur schwer zu bewältigen. Gänzlich unkontrollierbar erscheint Variante vier: Das Quorum wird erfüllt und Schäfflers Antrag erhält eine Mehrheit. Dann sei Rösler wohl nicht zu halten.

In diesem Fall, so heißt es, werde die Stunde des Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle schlagen, der einzig verbliebenen Führungsfigur mit Autorität. Dieser würde dann faktisch die Führung übernehmen und versuchen, an der Spitze der Fraktion die Regierungsfähigkeit der Partei zu wahren. Er hatte schon vor Tagen darauf verwiesen, dass die Abgeordneten von dem Entscheid nicht zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten gezwungen werden könnten.