Die FDP sucht eine neue Führung – Christian Lindner stellt sich zur Wahl des Vorsitzenden. Er will die Partei sympathischer machen und für andere Bündnisse öffnen. Nicht allen gefällt das.

Berlin - Christian Lindner hat sich viel vorgenommen. Der Landesvorsitzende der FDP in Nordrhein-Westfalen will seine Partei in der außerparlamentarischen Opposition einen, sie programmatisch neu ausrichten und ihr einen neuen Stil verordnen. Elf Wochen nach dem für die Partei so verheerenden Ausgang der Bundestagswahl stellt sich Lindner deshalb auf einem Parteitag in Berlin der Wahl zum Vorsitzenden.

 

Am Wiedereinzug in den Bundestag 2017 will sich Lindner messen lassen. Der 34-Jährige hat für dieses Projekt deutlich weniger Geld als bisher zur Verfügung – die Rede ist von 9,5 statt 12,5 Millionen Euro im Jahr. Lindner fehlt zudem die Bühne des Bundestags, die von der FDP seit der Gründung der Bundesrepublik bis zum 22. September immer bespielt werden konnte. Und er muss mit einer Parteibasis umgehen, die noch lange nicht in allen Teilen von seiner Führungsstärke und seiner programmatischen Ausrichtung überzeugt ist.

Es tobt ein Richtungskampf

Die Nervosität ist deshalb vor dem zweitägigen Delegiertentreffen bei Lindner groß. Ihm ist nicht entgangen, dass in Bayern statt des gesetzten Kandidaten für das Amt des Landesvorsitzenden, Thomas Hacker, völlig überraschend der weithin unbekannte Albert Duin gewählt wurde. Auch in Baden-Württemberg konnte mit Hosam el Miniawy ein Außenseiter im Kampf um einen Stellvertreterposten punkten.

Ähnliches wird auf dem Parteitag allerdings nicht erwartet. Zwar hat es Lindner mit zwei kaum bekannten Gegenkandidaten zu tun – dem Berliner Götz Galuba und dem Hessen Jörg Behlen –, aber in der FDP ist unbestritten, dass einzig Lindner nach dem Rückzug der ehemaligen Führungscrew derzeit noch das Zeug dazu hat, medial bestehen zu können. Gleichwohl tobt bei den Liberalen ein Richtungskampf.

Lindner will durchsetzen, was er von 2009 bis 2011 als Generalsekretär unter den Parteichefs Guido Westerwelle und Philipp Rösler nicht erreichte: ein umfassendes liberales Angebot, das neben der marktwirtschaftlichen Ausrichtung auch soziale und bürgerrechtliche Aspekte herausarbeitet. Er will die FDP von der Union lösen und prägt deshalb einen umgänglicheren Stil mit SPD und Grünen.

Viele Fragezeichen

Nicht nur dem sächsischen Landeschef Holger Zastrow ist das nicht geheuer. Zastrow bevorzugt die harte Polarisierung, die Konzentration auf Wirtschaftsthemen und Bündnisse mit der Union. Er hat angekündigt, nicht mehr als Vizechef anzutreten – wohl deshalb, weil er sich so im sächsischen Landtagswahlkampf im Mai 2014 besser gegen die Bundesspitze positionieren kann. Unklar ist auch, wie stark die Fraktion der Euroskeptiker rund um den Nordrhein-Westfalen Frank Schäffler ist, der ins Präsidium strebt.

Auch beim Personal gibt es noch Fragezeichen. Lindners Generalsekretärin soll die geschäftsführende hessische Kultusministerin Nicola Beer werden. Einer von drei Stellvertreterposten soll an den Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, gehen. Lindner bat außerdem die Düsseldorfer Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, einen Vizeposten zu übernehmen. Sie soll für die Verankerung der FDP in Städten und Gemeinden stehen. Auch der Thüringer Uwe Barth ist Wunschkandidat Lindners für einen Vizeposten. Für das Präsidium werden sich wohl neben Schäffler und Michael Theurer, dem Chef der Südwest-FDP, der Rheinland-Pfälzer Volker Wissing, der Niedersachse Stefan Birkner und die Hamburgerin Katja Suding bewerben. Hermann Otto Solms hat sich  überzeugen lassen, wieder als Schatzmeister zu kandidieren. Er soll mit seinen Kontakten der FDP ein Spendenaufkommen sichern, das sie kampagnenfähig hält.