Jeder sieht, dass es zuletzt sehr trocken war. Bis zum Unwetter am Donnerstag hat es in Stuttgart wochenlang kaum geregnet. Wie ist die Lage in der Region und was bedeutet das für Natur und Landwirtschaft?

Am Donnerstag hat ein Unwetter über Stuttgart eine mehr als drei Wochen lange Trockenzeit beendet: Zuletzt hatte es laut den Messungen der Wetterstation auf dem Schnarrenberg davor am 16. Mai geregnet. Die Böden waren zuletzt vielerorts sichtbar trocken. Aber ist das schon eine Dürre? Ein Blick in Wetterdaten sowie Einschätzungen von Klima- und Landwirtschaftsexperten zeigen, wie die Situation in der Region Stuttgart einzuschätzen ist.

 

Insgesamt ist in den vergangenen Wochen – trotz des Unwetters – nicht nur auf dem Schnarrenberg, sondern auch an den übrigen Stuttgarter Wetterstationen in der Innenstadt, am Flughafen und in Bad Cannstatt im Vergleich mit früheren Jahrzehnten deutlich zu wenig Regen gefallen. Doch die Böden in Baden-Württemberg sind in diesem Jahr durch den Regen im März und April gut mit Feuchtigkeit versorgt. Zwar ist der Oberboden (die oberen 20 Zentimeter) durch die hohen Temperaturen der letzten zwei Wochen bereits wieder sehr trocken, insgesamt ist die Lage jedoch nicht mit der im Vorjahr zu vergleichen, als im Mai bereits die erste starke Hitzewelle auftrat.

Wie ist die Lage in Baden-Württemberg?

Auch an den Versuchsstationen der Uni Hohenheim sieht die Lage laut dem Biologen Christian Poll noch gut aus, und es ist noch kein Trockenstress erkennbar. Aussagen für die gesamte Region können jedoch kaum gemacht werden, da die Bodenbeschaffenheiten auf der Schwäbischen Alb beispielsweise ganz andere sind als auf den Fildern. Viele verschiedene Faktoren bestimmen, wie lange der Boden Feuchtigkeit speichert. So kann es auch sein, dass Dürren nur sehr räumlich begrenzt auftreten.

Dominik Modrzejewski, Referent für Pflanzliche Erzeugung beim Landesbauernverband, erklärt, dass man derzeit optimistisch auf den Sommer schaue. Wenn jedoch in den nächsten Wochen kein Regen kommt, sehe die Lage wieder anders aus. Prognosen für den Sommer können nicht mit Sicherheit gemacht werden, da ist sich Modrzejewski mit anderen Experten einig. Derzeit gibt es in der Region noch keine Dürre.

Extremereignis oder Langzeitdürre?

Es ist normal, dass in den Wintermonaten mehr Niederschlag fällt als in den Sommermonaten. Die Natur speichert den Niederschlag über das Jahr im Boden. Je nach Wetterlage verdunstet die Feuchtigkeit jedoch schnell und es kann zu regionalen Dürren kommen . Grundsätzlich sei es daher wichtig, dass sich die Grundwasserstände nach einem heißen Sommer wieder erholen. Solange sie das können, gebe es keinen Anhaltspunkt, eine buchstäbliche Austrocknung zu erwarten, erklärt Andreas Marx, Leiter des Dürremonitors am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Nach dem Dürresommer 2018 waren die Grundwasserstände sehr erschöpft, konnten sich in den letzten Jahren jedoch immer wieder gut von der Hitze im Sommer erholen. „Dürre ist ein Extremereignis. Und Extremereignisse sind zeitlich begrenzt“, betont Marx. Zwar trete Dürre seit einigen Jahren immer häufiger auf, sei aber nach wie vor sehr regional begrenzt. Deutschland werde auch in Zukunft ein wasserreiches Land bleiben und nicht austrocknen.

Dürren gab es auch früher schon. Durch den Klimawandel und immer frühere, extreme Hitzewellen treten sie aber laut Modrzejewski seit einigen Jahren häufiger auf. Es sei daher wichtig, das Bewusstsein für Extremwetterereignisse zu schärfen und die Menschen für ihren Umgang mit Wasser und Umwelt zu sensibilisieren. Marx betont außerdem, dass die Auswirkungen einer Dürre verheerend sein können. Besonders im Wald führen wiederholte Dürren zu einem langfristigen Wassermangel, der zahlreiche Bäume sterben lässt.

Dürre in Feld und Wald

Für die Landwirtschaft ist es besonders wichtig, dass während Aussaat-, Kornfüllungs- und Blütezeiten viel Regen fällt und ausreichend Feuchtigkeit im Boden vorhanden ist. Nachhaltige Anpassungen wie eine Diversifizierung des Anbaus und schonende Methoden zur Bearbeitung des Bodens werden immer wichtiger, um gewappnet für Auswirkungen des Klimawandels zu sein. Anpassungen in der Landwirtschaft sind laut Christian Poll von der Uni Hohenheim ein wesentlicher Faktor, um langfristige Schäden für die Felder zu minimieren. An der Uni Hohenheim erforscht man dafür unter anderem die Wasser- und Nährstoffreservoirs im Boden oder die Einflüsse des Klimawandels auf die Ertragsqualität.

Für Landwirte ist es laut Dominik Modrzejewski von großer Bedeutung, sich nicht von nur einem Anbau abhängig zu machen. Im vergangenen Jahr fiel die Maisernte beispielsweise aufgrund der Dürre um etwa zwanzig Prozent geringer aus als im Vorjahr. Die Winterkulturen wie Gerste, die bereits im Spätherbst ausgesät wurden, brachten hingegen gute Erträge. „Es ist wichtig, dass die Landwirte mehrere Eier im Korb haben, falls mal eines herausfällt“, sagt er.

Wann spricht man von Dürre?

Dürre
ist ein Wetterextrem, das durch wenig Niederschlag und hohe Temperaturen entsteht, die für starke Verdunstung sorgen. Je nach Dauer definiert der Deutsche Wetterdienst verschiedene Arten von Dürre: meteorologische Dürre (ein bis zwei Monate trockener als üblich), landwirtschaftliche Dürre (zwei Monate und länger trocken, Ernteeinbußen), hydrologische Dürre (ab vier Monaten, Grundwasser und Pegel betroffen) sowie die sozioökonomische Dürre (ab einem Jahr, Wassermangel bremst produzierende Wirtschaft). Dürren sind regional begrenzt.

Methode
Dürre wird durch den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens gemessen. Die aktuelle Bodenfeuchtigkeit kann mit Werten aus der Vergangenheit verglichen werden. Von Dürre spricht man, wenn der Boden trockener ist als in 80 Prozent der früheren Jahre. Wie lange dieser Zustand anhält, definiert die Art der Dürre.