Hinterzarten muss den Skisprung-Weltcup für Frauen abgeben.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Hinterzarten - Wo gebaut wird, fällt garantiert mal der Spruch: Normal müsst’s passen. In Hinterzarten im Hochschwarzwald ist das Gegenteil zu besichtigen: Die große Skisprungschanze im Adler-Stadion ist nicht im Lot. Kurz bevor das für drei Millionen Euro renovierte Bauwerk, das den Namen einer landeseigenen Biermarke aus dem Schwarzwald trägt, am Nikolaustag feierlich eröffnet werden sollte, stellte sich heraus, dass Anlaufspur und Schanzentisch um 60 Zentimeter versetzt gebaut wurden und nicht mit dem Sprungturm verbunden werden können. Einen „Versatz“ nennen die Fachleute den Fehler.

 

So etwas kommt auch bei Brückenbauten mal vor. Oder wenn Tunnelröhren von zwei Seiten eines Berges aufeinander zu gebaut werden. Das Entsetzen in Hinterzarten ist groß, das Weltcup-Springen der Frauen am 30. und 31. Januar 2021 kann so nicht stattfinden und musste in das benachbarte Titisee-Neustadt verlegt werden. Nun wird untersucht, ob es ein Messfehler oder ein Fehler in der Bauausführung war, eine schnelle Reparatur ist jedenfalls nicht möglich. Der Bürgermeister der 2600 Einwohner zählenden Tourismusgemeinde mahnt zur Besonnenheit und die Vorsitzende des Skiclubs macht Mut, der Fehler sei „behebbar“. Aber eben erst später, die Saison ist für die Rothausschanze in Hinterzarten gelaufen.

Sie ist das Paradestück des „Adler-Skistadions“ mit vier Schanzen. So genannt, weil dort früher die „Schwarzwald-Adler“ wie Sven Hannawald, Martin Schmidt oder Dieter Thoma um die Wette segelten – vergangene Zeiten. Wintersport im Schwarzwald ist seit Jahren nicht mehr richtig im Lot. Fast jedes Jahr zittern die lokalen Verantwortlichen, ob die Wettbewerbe überhaupt stattfinden können, denn natürliche Schneesicherheit ist unterhalb des nahen 1493 Meter hohen Feldbergs nicht mehr garantiert. Aber sowohl Hinterzarten als auch das benachbarte Titisee-Neustadt klammern sich zäh an ihre Schanzen und produzieren bei Minustemperaturen so viel Kunstschnee, dass sie eine weiße Spur zum Springen ziehen können. In Titisee-Neustadt, wohin der Frauenweltcup verlegt wurde, packen sie jeden Winter einen Haufen überschüssigen Schnee in ein Kunststoffvlies, überdecken ihn mit Sägespänen und retten so etwa 1500 Kubikmeter über den Sommer in die nächste Wintersportsaison.