Im Lehen-, Heusteig- und Stitzenburgviertel haben die Nachbarn Hinterhöfe in kleine Märkte verwandelt.

S-Süd - Bunte Luftballons weisen in den Innenhof von Birgit Mültin in der Lehenstraße. Vor dem Haus hat sie mit Nachbarn und Freunden einen langen Tisch aufgebaut, an einem Zaun hängen zusätzlich Klamotten und eine Golftasche voll mit Schlägern. „Es ist sehr schön, dass die Hofflohmärkte wirklich noch Hausflohmärkte sind und nicht in irgendeiner Weise professionell“, sagt Mültin. So könne man viele nette Leute kennenlernen und nebenbei noch ein paar Sachen loswerden.

 

Auf der Lehenstraße gegenüber haben ebenfalls Nachbarn ihren Innenhof geöffnet. Überhaupt ist das Lehenviertel das mit den meisten Flohmarktständen – im ganzen Stadtbezirk Süd sind es an diesem Samstag mehr als 60. Außer dem Lehenviertel machen auch das Heusteig- und das Stitzenburgviertel sowie das Bohnenviertel in Mitte mit.

Kaufen, schlendern und das Viertel kennen lernen

Im Lehenviertel verlässt gerade Jürgen Hofmann mit seiner Frau einen der Innenhöfe. Sie seien aus Nürtingen extra für die Flohmärkte gekommen. „Es ist einfach eine geniale Idee, man kann über die Flohmärkte schlendern und zudem lernt man das Quartier besser kennen“, sagt Hofmann. Das Ganze habe etwas von Urlaub, aber: „Man muss sich darauf einlassen und darf keine Hektik mitbringen.“

Etwas weiter die Liststraße hinunter hat auch der Evangelische Markuskindergarten seinen Innenhof geöffnet. Wo sonst unter der Woche die Kinder spielen, verkaufen Eltern heute alles, für was sie keine Verwendung mehr haben – von Spielsachen über Klamotten bis hin zu Hörspielen. „Der Erlös aus der kleinen Standgebühr und dem Kuchenverkauf geht dann an den Kindergarten“, sagt Valerie Coskun vom Elternbeirat. Der Kindergarten macht nun schon zum zweiten Mal beim Hofflohmarkt mit. „Wir haben so einen schönen Innenhof, da bietet sich das an“, sagt die Leiterin des Kindergartens, Regine Koch. Im Heusteigviertel hat Celia Gonzalez ebenfalls mit ihren Nachbarn den Innenhof in eine kleine Wohlfühloase verwandelt: Es gibt Liegestühle und Würste vom Grill. Eine hohe Besucherfrequenz ist für Gonzalez gar nicht das Wichtigste. „Es ist immer so nett mit den Nachbarn, man kommt in Kontakt und lernt sich kennen“, sagt sie. Sie wohne seit 40 Jahren hier, Flohmärkte habe es aber früher nie gegeben. „Jetzt wohnen aber auch viel mehr junge Leute hier, die das vorantreiben“, sagt Gonzalez.

Direkt aus dem Haus raus verkaufen

Einen kleinen Fußmarsch entfernt im Bohnenviertel lädt der Verein Allerleirauh zum Stöbern durch den Hof ein – er betreibt hier einen Kindergarten, eine Tagesgruppe und einen Schülerhort. „Wir verkaufen hauptsächlich gespendete Dinge“, sagt Mitarbeiterin Monika Over. Der Erlös komme den Kindern zugute, man gehe davon ein Eis essen oder mache einen Ausflug. „Die Idee mit den Hofflohmärkten ist super“, sagt Over, „man muss nicht irgendwo hinfahren, sondern kann direkt zuhause verkaufen.“ Zudem bekomme man Hinterhöfe zu sehen, die man sonst nicht sieht.