Die Feinstaubsaison ist vorbei, die Messdaten für die Fildervororte liegen vor. Die gute Nachricht: Es gibt keinen Grund zur Aufregung. Die schlechte: Die Werte in Birkach sind beunruhigend. Wir verraten warum.

Filder - Wenn am Neckartor die Feinstaubwerte steigen, dann steigen sie proportional auch in den Randbezirken, also auch in den Fildervororten“, sagt Jan Georg Plavec, bei dem die Daten des Feinstaub-Projekts unserer Zeitung zusammenlaufen. Dies sei deshalb natürlich auch in der Feinstaub-Saison, die am 15. April abgelaufen ist, der Fall gewesen. Insgesamt wurde in Stuttgart in der Saison 2017/2018, also im Zeitraum zwischen 15. Oktober und 15. April, nach Angaben der Landeshauptstadt elf Mal Feinstaubalarm über insgesamt 56 Tage ausgelöst. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Jahr davor. Damals gab es 13 Alarme über 85 Tage.

 

Insgesamt wäre das Ergebnis sehr erfreulich, wenn die Werte nicht auch von äußeren Faktoren bestimmt würden. Dazu zählt maßgeblich das Wetter, das bekanntlich an allem schuld ist. So hat von Oktober 2017 bis Januar 2018 bei kalten Temperaturen Westwind geweht, der die Luftmassen gut durchgemischt hat. Im Januar bis Anfang Februar kam aus nordöstlicher Richtung ein Hochdruckgebiet mit Kaltluft, und nach den Erkenntnissen der Feinstaubmesser ist Kontinentalluft staubiger, denn es weht weniger Wind, der Luftaustausch auslöst. „Die Werte sind also wetterabhängig“, sagt Jan Georg Plavec.

Staub aus der Sahara entging den Messgeräten

Wie sieht die Situation auf den Fildern aus? 28 Sensoren gibt es in Vaihingen, elf in Möhringen, neun in Degerloch, drei in Birkach, drei in Plieningen und elf in Sillenbuch. „Am Saisonbeginn Anfang November hatten wir 300 Messgeräte in Stuttgart und der Region, aktuell sind es 750“, sagt Plavec. Die Stuttgarter Gruppe OK Lab hatte ein preiswertes Messgerät entworfen, das eingesetzt wurde. Allerdings misst es nicht so exakt wie die Geräte der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Diese kommen nur an Feinstaub-Brennpunkten zum Einsatz, nicht aber in der Dichte, mit der das Gerät von OK Lab im gesamten Stadtgebiet verteilt ist. Zu den Ungenauigkeiten des Geräts gehört, dass es Staub aus der Sahara, den es Ende November in die Landeshauptstadt geweht hatte, gar nicht erfassen konnte. Die präziseren Sensoren der LUBW hatten an diesen wüsten Tagen am Neckartor 74 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter gemessen.

Der Grenzwert für die Feinstaubbelastung liegt in der Europäischen Union (EU) bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. „Dieser Grenzwert wurde in den Fildervororten nicht überschritten, wir liegen also im grünen Bereich“, sagt Plavec. Selbst in Stuttgart-Mitte hätten die Geräte nur an wenigen Tagen höhere Werte als die als Grenzwert festgelegten 50 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen. Lege man allerdings Werte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugrunde, dann sehe die Sache etwas anders aus: „Die WHO sagt, dass alles, was über 20 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt, nach einigen Jahren ungesund wirkt.“

Selbst der Bezirk Mitte hat im Halbjahresdurchschnitt gemäßigte Werte

Auffällig ist, dass im Halbjahresdurchschnitt Birkach bei 25 bis 30 Mikrogramm liegt. Degerloch, Sillenbuch und Vaihingen liegen bei 15 bis 20 Mikrogramm. In Möhringen und Sillenbuch ist der Wert am niedrigsten. Dort liegt er jeweils bei zehn bis 15 Mikrogramm. Zum Vergleich: selbst im Bezirk Mitte mit dem Neckartor, in den Bezirken Süd, West, Ost und in Feuerbach liegt er bei im Halbjahresdurchschnitt bei 15 bis 20 Mikrogramm, also auf Filderniveau.

Woher kommt nun ausgerechnet der hohe Wert in Birkach? Müssen sich die Einwohner Sorgen machen, wenn doch die WHO den Wert über 20 Mikrogramm langfristig für schädlich hält? Nein, denn die Birkacher Zahl ist interpretationsbedürftig. Je mehr Messgeräte es in einem Stadtteil gibt, desto zuverlässiger ist auch der Wert. Nun stehen in Birkach lediglich drei Sensoren. „Einer ist an der Hauptstraße angebracht, wo die Abgase quasi direkt in den Sensor gelangen. Das verzerrt natürlich das Ergebnis in Birkach und treibt es überproportional in die Höhe“, sagt Plavec.