Alle Stuttgarter Stadträte wollen die Feinstaubwerte senken. Über die richtigen Maßnahmen wird jedoch noch diskutiert. Klar ist: Die Pförtnerampel stößt auf wenig Gegenliebe.

Stuttgart - Eine Entscheidung über weitere Schritte gegen die viel zu hohe Feinstaub- und Stickoxidbelastung in der Landeshauptstadt ist am Dienstag im Ausschuss für Umwelt und Technik des Stuttgarter Gemeinderates formal zwar nicht gefallen: Das Reizthema wurde nach längerer Debatte vertagt. In der zweiten Junihälfte will soll die Verwaltung nun eine neue Vorlage mit stärker flächenbezogenen und auch wirkungsvolleren Maßnahmen präsentieren. In der Diskussion zeichnete sich aber deutlich ab, dass die Stadträte aller Fraktionen die von Verkehrsministerium, Regierungspräsidium und der Stadtverwaltung vorgeschlagene Pförtner- oder Dosierampel beim Neckartor ablehnen.

 

Wie berichtet, soll diese Steuerungsanlage 150 Meter vor der Kreuzung der B 14 mit der Heilmannstraße stehen, um den aus Bad Cannstatt kommenden Verkehr künstlich zu stoppen. Anschließend sollen die Fahrzeuge dank grüner Welle „schadstoffarm“ in Pulks an der Feinstaub-Messstation vorbei bis zum wenige hundert Meter entfernten Gebhard-Müller-Platz rollen. Die Maßnahme war selbst CDU-Fraktionschef Alexander Kotz „zu kleinteilig“. Die Schadstoffwerte müssten an mehr als nur an einem Punkt gesenkt werden. Man könne aber nicht einfach eine Ampel auf freier Strecke errichten, um 150 Meter weiter vorn etwas weniger Feinstaub zu messen. „Damit kommen wir rasch in die satirische ZDF-Heute-Show“, warnte Kotz. Zuvor hatte Frank Obermüller, der zuständige Fachmann des Regierungspräsidiums bereits eingeräumt, dass die „Pförtnerampel“ keine Emissionen verhindere, sondern diese nur verlagere.

CDU befürchtet Hohn und Spot im TV

„Sie packen nur Maßnahmen an den Messstationen an“, warf Grünen-Stadtrat Michael Kienzle dem Regierungspräsidium vor. Das Feinstaubproblem bestehe seit 2005, aber bis heute gebe es keine wesentliche Verbesserung. „Die Pförtnerampel ist auf jeden Fall das falsche Mittel“, so der Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold. Auch die SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind störte die Fokussierung der Aufsichtsbehörde auf das Neckartor. „Es müssen auch andere Maßnahmen, etwa der Ausbau des Parkraummanagements in der Innenstadt, so rasch wie möglich kommen.“ Darauf hatte zuvor bereits Umweltbürgermeister Matthias Hahn (SPD) hingewiesen. „Das ist ein Weg, den wir gehen müssen.“ Die Pförtnerampel sei sicher keine „geniale Maßnahme“, räumte Hahn ein. Sie könne aber der Einstieg in die Verflüssigung des Verkehrs zwischen Schwanentunnel und Marienplatz sein. Nicht zuletzt die Liberalen möchten, dass der Verkehr möglichst reibungslos rollt. „Das ist die beste Lösung“, betonte FDP-Stadtrat Günter Stübel. Auch der ADAC habe dieses vorgeschlagen. Die Pförtnerampel ist Stübel dennoch suspekt. „750 000 Euro für einen Placebo-Effekt ist zu teuer.“ Das sah auch Gangolf Stocker von der SÖS so: „Das Geld können wir uns sparen.“

Besseres Parkraummanagement gefordert

Tempo 40 an der Hohenheimer Straße stößt auf Gegenliebe

Etwas positiver kam im Ausschuss Tempo 40 an der Hohenheimer Straße weg. Zwischen Olgaeck und Ernst-Sieglin-Platz soll dieses Tempolimit eingeführt werden, um die hohen Stickoxidwerte zu senken. „Ohne Kontrolle geht aber nichts“, erklärten die Grünen. Außerdem müsse Tempo 40 auch für andere Hangstraßen gelten, um Verkehrsverlagerungen zu verhindern.

„Die Pförtnerampel ist der Versuch, am Neckartor etwas zu tun“, erklärte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU). Angesichts der klaren Mehrheitsverhältnisse zog er es aber vor, „das Thema zu vertagen, um aufgeworfene Fragenstellungen zu vertiefen und zu klären“. Dazu gehöre auch die Aussicht, so Schairer, die geplante grüne Welle mit Zuschüssen aus dem EU-Förderprogramm zur emissionsabhängigen Verkehrsteuerung zu verlängern. Auch dazu soll es eine Vorlage für den Gemeinderat geben.

Kritik vom grünen OB-Kandidaten

„Das Regierungspräsidium ist bei Maßnahmen gegen Feinstaub die Behörde, die entscheidet“, betonte Schairer. Die Behörde werde aber wohl jetzt nicht anordnen, die Pförtnerampel sofort zu bauen. Von dessen Mitarbeiter Obermüller kam kein Widerspruch.

Kritisch äußerte sich auch der grüne OB-Kandidat Fritz Kuhn: Mit einer neuen Pförtnerampel sei die Feinstaubbelastung mit Sicherheit nicht zu bewältigen. „Luftreinhaltung ist kein punktuelles Thema mit einer punktuellen Lösung, sondern eine stadtweite Herausforderung.“ Dazu gehöre aus seiner Sicht neben Tempo 40 auch ein besseres Parkraummanagement.