Der Kampf gegen zu hohe Feinstaub-Werte in Stuttgart soll mit Hilfe einer blauen Plakette geführt werden. Verkehrsminister Winfried Hermann hat das neue Konzept am Montag vorgestellt.

Stuttgart - Bisher hat wenig gegen die hohen Werte an Feinstaub und Stickstoffdioxid in Stuttgart gewirkt - mit ambitionierten Maßnahmen will Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) das nun ändern. Vom Jahr 2019 an sollen 80 Prozent der Autos in der baden-württembergischen Landeshauptstadt eine blaue Umweltplakette haben. Das kündigte Hermann am Montag an. Die blaue Plakette sollen Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6 sowie Benzinfahrzeuge mit Euro 3 erhalten.

 

Umweltschützer befürworten die Einführung der Plakette - sie sei aber ein „überfälliger Schritt“, sagte Klaus-Peter Gussfeld vom BUND-Regionalverband Stuttgart.

„Unser Ziel ist es, bis 2020 die Grenzwerte mit Partikelimmission einzuhalten und spätestens bis 2021 sicherzustellen, dass es auch wirklich klappt“, sagte Hermann bei der Vorstellung des Konzepts für einen Luftreinhalteplan. EU-Richtlinien geben einen Grenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter vor. Die Luft etwa am Stuttgarter Neckartor, dem dreckigsten Ort Deutschlands, lag seit Anfang des Jahres bereits an 44 Tagen über dem Wert - erlaubt sind aber nur 35 Überschreitungen im Jahr. Auch Stickstoffdioxidwerte sind regelmäßig zu hoch.

EU-Vertragsverletzungsverfahren laufen, Geldstrafen drohen. Bei der Einführung der blauen Plakette brauche die Landesregierung die Unterstützung vom Bund, sagte Hermann. Eine Bundesratsinitiative werde bereits vorbereitet. Noch gibt es die blaue Plakette in keinem Bundesland, laut dem BUND werde die Umwelt-Maßnahme aber von einigen Ländern, etwa Hessen, unterstützt.

32.250 Autos in Stuttgart sind Euro 3

Das Ziel, dass 80 Prozent der Autos in Stuttgart bis spätestens 2019 eine blaue Plakette haben, sieht Gussfeld vom BUND kritisch. Vor allem bei Dieselfahrzeugen sei das schwierig umzusetzen, da die Euro-6-Norm relativ neu sei. Laut einem Sprecher der Stadt gibt es in Stuttgart 289.095 Autos, rund 32.250 davon sind Euro 3 und etwa 22.330 davon Euro 6. Zudem stellte Gussfeld die Fragen: Was passiert bis dahin? Warum werde das Vorhaben auf die lange Bank geschoben?

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) setzt auch auf mehr Elektro-Taxis. „Wir haben rund 700 Taxen in Stuttgart - Ziel wäre, dass in zehn bis zwölf Jahren die Flotte elektrisch ist.“ Zudem wolle er im nächsten Jahr verstärkt gegen Kaminöfen vorgehen, die demnach rund 20 Prozent der Feinstaubbildung ausmachen. Ab dem Winter 2016 soll an Tagen mit hohen Feinstaubwerten und schlechten Wetterbedingungen das Nutzen von Kaminöfen untersagt werden.

Regierungspräsident Johannes Schmalzl (FDP) machte eine klare Ansage an die Wirtschaft: „Den größten Beitrag erwarten wir von der Wirtschaft und der Industrie“ in Form vom technischen Innovationen, sagte er. Sie müsse die Umstellung auf umweltfreundliche Mobilität ermöglichen. Kuhn betonte, das Konzept sei kein Angriff auf die Automobilindustrie. Dennoch sagte er: „Ihr müsst euch anstrengen.“

Die CDU kritisierte das Vorhaben der Landesregierung. „Wir brauchen einen gut ausgebauten und intakten ÖPNV (öffentlichen Personennahverkehr) - keine neuen Verbote und Gängeleien durch die Grünen“, teilte die verkehrspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Nicole Razavi, mit.