Sowohl CDU als auch die Grünen im Stadtrat haben eine Chance vertan, sich in der Diskussion um die Luftreinhaltung in Stuttgart hervorzutun, meint Redakteur Thomas Braun.

Stuttgart - Die Debatte im Ausschuss hätte zu einer Sternstunde der CDU werden können. Fraktionschef Alexander Kotz, für den Fahrverbote in der Landeshauptstadt einem Horrorszenario gleichkommen, hätte sich nur mit einem eindringlichen Appell an den Unionsparteifreund und Namensvetter Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wenden und ihn bitten können, zur Vermeidung schlimmerer Unbill doch bitte der raschen Einführung der blauen Plakette seinen Segen zu geben.

 

Doch Kotz und seine Fraktion ließen die Gunst der Stunde beim Thema Luftreinhaltung einmal mehr ungenutzt verstreichen. Stattdessen machte sich der Vorsitzende erneut für seine eigene Idee – den Bau eines Tunnels unter dem Stuttgarter Osten – stark, wohl wissend, dass eine solche Röhre nicht nur Hunderte von Millionen Euro verschlingen, sondern auch allerfrühestens in zehn bis 15 Jahren befahrbar sein dürfte und somit keinerlei Beitrag zur Linderung der aktuellen Schadstoffbelastung am Neckartor und darüber hinaus leisten würde.

Auch die Grünen hätten sich profilieren können, indem sie etwa ihre Parteifreunde in der Landesregierung dazu ermutigen, sich weiterhin mit aller Kraft und gegebenenfalls auch auf juristischem Weg – etwa im Wege einer Normenkontrollklage – bei der Bundesregierung auf rasche und wirkungsvolle Maßnahmen gegen den gesundheitsschädlichen Stickoxidausstoß zu drängen. Stattdessen lobte ihr Fraktionschef Andreas Winter selbstgefällig das bisher Erreichte und setzt trotz des Abgasskandals auf die Innovationskraft der Automobilhersteller und einen Bewusstseinswandel bei den Autofahrern.

Dabei hat die Studie des Verkehrsministeriums klar aufgezeigt, dass es allein mit Elektromobilität, Radwegen und dem Bau von Umgehungsstraßen oder Tunnels nicht getan ist. Ein gewisses Maß an politischem Druck ist nötig, um Autoproduzenten und Autofahrer an ihre Mitverantwortung für das im Grundgesetz verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit zu erinnern.

Ein Qualitätssiegel für schadstoffarme Autos wäre – entsprechende unabhängige Abgasprüfungen unter realen Bedingungen vorausgesetzt – ein großer Schritt in die richtige Richtung.