Der erste Feinstaub-Alarm in der Landeshauptstadt verhallte am Montag ohne große Reaktion. Die Straßen waren gewohnt voll, die eigens eingesetzte Sonderlinie U 11 so gut wie leer. OB Kuhn hofft setzt aber weiter auf Freiwilligkeit.

Stuttgart - Der erste Feinstaubalarm in der Landeshauptstadt verhallte am Montag nahezu ohne jede Reaktion. Der Berufsverkehr durch die Stadt rollte von sieben Uhr an jedenfalls gewohnt zäh. Am Neckartor, einem der Hotspots in Sachen Feinstaub, schoben sich gegen 7.30 Uhr rund 70 Fahrzeuge pro Minute unter den Warnschildern hindurch Richtung Innenstadt. Auch der Verkehrsfunk im Radio meldete das für einen Montag übliche Gedränge. Und auch am frühen Abend liefen die Straßen wieder wie üblich zu.

 

Auf den großen Zufahrtsrouten wie zum Beispiel der B 27 von Tübingen oder die B 14/B 29 von Backnang beziehungsweise Schorndorf lief es am Morgen zäh bis gar nicht – wie fast immer außerhalb der Ferienzeit. Ein durchaus möglicher Grund für den gewohnten Verkehr könnte sein, dass viele von dem Alarm schlicht nichts mitbekommen haben. Wer am Wochenende nicht im Netz geklickt, Radio gehört oder am Wochenende Zeitung gelesen hatte, fuhr ungewarnt Richtung Stadt. An den großen Einfallstraßen gab es zwar optische Hinweise auf Signaltafeln, auf anderen Routen wie zum Beispiel von Fellbach Richtung Bad Cannstatt oder von Leinfelden-Echterdingen über Rohr Richtung Kaltental waren die ersten Hinweisschilder aber erst zu sehen, nachdem man bereits viele Kilometer in der Umweltzone hinter sich hatte. Also auch bei gutem Willen zu spät.

Berufsverkehr zäh wie immer

Der geringe Anteil an Umsteigern von Auto auf Nahverkehr fiel auch Ralf Thomas auf. Der Leiter der Integrierten Verkehrsleitzentrale der Landeshauptstadt (IVLZ) hatte jedenfalls keine Platzprobleme. „Am Montagmorgen gegen sechs Uhr war meine S-Bahn nicht voll“, berichtete er. Ob der Alarm den Autoverkehr reduziert hat, konnte Thomas nicht entscheiden. „Seriös kann heute niemand sagen, ob nach der Auslösung des Feinstaubalarms am Montag nun mehr oder weniger Autos auf Stuttgarts Straßen unterwegs waren. Wir beobachten das Verkehrsaufkommen, aber es gibt keine punktgenauen Verkehrszählungen“, erklärte er. Eine sinnvolle Auswertung sei jedenfalls erst nach mehreren Alarmen möglich.

Gefühlt waren die Straßen jedenfalls voll wie immer. Gähnende Leere herrschte dagegen am frühen Morgen auf dem Wasen, wo die Sonderlinie U 11 Menschen, die auf ihr Auto verzichten wollen, in die Stadt bringen sollten. Mitten im morgendlichen Berufsverkehr war auf dem Wasen aber lediglich zu erfahren, dass die erste Bahn um 8.30 Uhr starten werde. Am Nachmittag ließ dann die Stadt verlauten, dass die U 11 nur „außerhalb der Hauptverkehrszeiten“ angeboten werde. Für den Berufsverkehr also keine Alternative.

OB Kuhn hofft weiter auf Einsicht

Die erste Bahn fuhr dann auch, bis auf den Fahrer, leer los. Auch nach zwei Stunden das gleiche Bild. Insgesamt berichteten die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) von keinen erhöhten Fahrgastzahlen am Montag. Vor dem Bahnsteig übten derweil auf dem leeren Wasen Fahrschulen, gegen später auch mit großen Lastkraftwagen – auch das ein durchaus gängiges Szenario, das der Feinstaubalarm nicht stören konnte.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn setzt trotzdem weiter auf die Freiwilligkeit. Man müsse den Leuten auch ein wenig Zeit geben zu reagieren, dass dies nicht gleich am ersten Tag funktioniere, sei verständlich, sagte er am Morgen. Allerdings zeigte der OB auch schon mal die Folterwerkzeuge. Kuhn wörtlich: „Wenn die Freiwilligkeit nicht zur nachhaltigen Reduzierung der Schadstoffwerte führt, dann wird es ordnungspolitische Maßnahmen wie zum Beispiel Fahrverbote geben müssen.“

Zumindest ein Interesse am Thema ist aber erkennbar. Die Informationsseite der Stadt wurde seit Samstag 15 500-mal aufgerufen. Ob der erste Tag trotz der geringen Resonanz auf der Straße positive Effekte gehabt hat, war am Montag nicht abzusehen. Ulrich Reuter, Stadtklimatologe am Amt für Umweltschutz betonte, dass bei der momentanen Wetterlage die Schadstoffwerte sogar bei weniger Verkehr erhöht sein können. Wie groß der Effekt sein kann, könne letztlich nur eine „längerfristige Beobachtung“ klären. Der aktuelle Feinstaubalarm wird noch bis mindestens Donnerstagabend aufrechterhalten.