Die Landwirte haben keinen leichten Stand – immer neue Verordnungen, die gelegentlich ungeahnte Auswirkungen haben, lassen sie oft fassungslos dastehen.

Rutesheim - Manchmal ist es gut, sich auf den Stuhl des anderen zu setzen, damit man sieht, welches seine Probleme sind – und warum er sich gegen etwas wehrt.“ Zu diesem Schluss ist die Bürgermeisterin Susanne Widmaier nach der Felderrundfahrt der Rutesheimer und Perouser Landwirte gekommen.

 

Knapp 50 örtliche Landwirte, Stadträte, die Rathausspitze und Interessierte haben an der Rundfahrt über die Äcker der Stadt und des Waldenserortes teilgenommen. Es ist viel über den aktuellen Stand der Feldkulturen gesprochen worden, über die täglichen Herausforderungen denen sich die Bauern stellen müssen, aber auch über Probleme, mit denen sie sich vor Ort herumschlagen müssen. Wie zum Beispiel mit der frühen Ernte im vergangenen Jahr.

Kaum sind die beiden Gespanne von der Straße nach Leonberg in Richtung Süden abgebogen, beschweren sich die Rutesheimer über das gleiche Problem, wie die Eltinger vor knapp einer Woche: Auch hier hat DB Energie einfach Beton in die Kurven der Feldwege und die angrenzenden Äcker gegossen, ohne die Grundstückseigentümer zu informieren. Die so verstärkten Feldwege sind nämlich die Zufahrt für die Schwerlaster, die die Baustelle des neuen Umspannwerkes der Bahn in Eltingen bedienen.

Stress durch Sonne und Trockenheit

Gleich beim ersten Halt zwischen einem Rübenfeld, einem Maisacker und einem Weizenschlag ist Simon Metz, Fachberater für Pflanzenschutz beim Amt für Landwirtschaft und Naturschutz, gefragt. In einem Rübenacker sind viele Pflanzen „geschossen“, in einem anderen „schlafen“ sie. Dass die einen ins Kraut geschossen sind und Samenstände gebildet haben, liege wohl an der Qualität des Saatgutes, vermutet Metz. Die anderen, die „lommelnden“ Rüben hätten wohl Stress durch die starke Sonne und die Trockenheit, meint er, obwohl sie in einem „Teich“ stehen – die örtliche Bezeichnung für eine Senke. Wenig hilfreich für die Arbeit der Landwirte und ungeeignet für den Schutz der Umwelt finden die Bauern und auch der Fachmann die neue Verordnung, die verbietet, den Samen der Rüben zu beizen. Damit kam das Pflanzenschutzmittel direkt bei der Aussaat in den Boden und konnte so gezielt wirken. „Nun muss ich mehrmals den ganzen Acker großflächig spritzen, um den Erdfloh oder die Blattlaus zu bekämpfen – wie clever ist das?“, fragt sich einer der Landwirte.

Probleme mit dem Pflanzenschutz macht der Fachmann auch bei der Sommergerste aus, dem Rohstoff für die Bierbrauer. Da läuft 2020 die Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel gegen Pilzkrankheiten aus. „Da ist mit bis zu drei Doppelzentner Ernteeinbuße pro Hektar zu rechnen“, prognostiziert der Fachmann. Zufriedene Gesichter bei den Landwirten und bei Metz beim Thema Mais. Der habe sich anfangs wegen der Kälte schwergetan, doch jetzt stehe er gut da und im Vertrauen auf die Wetterprognose mit Regen am Wochenende sagt Metz der Kulturpflanze eine gute Entwicklung voraus.

Körner sind nicht besonders groß

Auch beim Weizen sehe es gut aus, doch wegen der Hitze und der bisherigen Trockenheit würden die Körner nicht besonders groß sein. Die Ernte werde wohl in zwei Wochen beginnen. „Endlich wieder ein normaler Zeitpunkt“, meint Rolf Schüle. Der Perouser ist der Obmann des örtlichen Bauernverbandes und organisiert die Felderrundfahrten. Die diesjährige hat auch wieder nach Perouse geführt, wo Mais, Getreide und Hackfrüchte (Kraut, Kartoffeln) sich im Drei-Jahres-Rhythmus abwechseln. Die Krautfelder werden immer weniger. Nur noch Rolf Schüle und Klaus Schenk bauen es auf vier Hektar an – früher waren mehr als zehn Hektar die Regel. „Die Nachfrage ist zurückgegangen, immer mehr Metzgereien machen dicht und hierzulande setzen die Gaststätten Sauerkraut selten auf die Speisekarte“, weiß Sauerkraut-Fachmann Schüle. In der Scheune von Ulrich Serway wurde weiter gefachsimpelt. Frank Kogel von der Baywa gab einen Einblick in die Entwicklung der Marktpreise für Getreide und hatte dabei kaum Erfreuliches zu verkünden. Zum Abschluss fand noch die Wahl des neuen Ortsobmannes statt. Rolf Schüle gibt das Amt nach 29 Jahren ab. Einstimmig haben die anwesenden Mitglieder den Perouser Rolf Vincon gewählt.