Die Freien Wähler kritisieren, dass die Feldwege zugewuchert sind. Damit haben Landwirte ihre Schwierigkeiten. Schon zum dritten Mal werden die Kommunalpolitiker deshalb nun bei der Stadt vorstellig.

Stuttgart - Helmut Gehrung kennt das Ärgernis zur Genüge. „Laufend gehen mir Spiegel kaputt“, berichtet er. Nämlich immer dann, wenn er auf den Feldwegen rund um Plieningen mit einer seiner großen Maschinen mal wieder an einem Baum hängen bleibt, dessen Äste weit in den Weg hineinragen.

 

Der landwirtschaftliche Obmann von Plieningen ist nicht der Einzige, der damit zu kämpfen hat, dass Grundstückseigentümer das Grün entlang der Feldwege nicht zurechtstutzen. Auch sein Kollege Axel Brodbeck, landwirtschaftlicher Obmann in Möhringen, hat diese Erfahrung schon oft gemacht. „Das ist wirklich ein Problem. Wenn ich mir zum dritten Mal den Spiegel am Schlepper abfahre, ist das ein großer wirtschaftlicher Schaden“, erklärt er.

Unbefriedigende Antwort von der Verwaltung

Insbesondere die Bachläufe seien oft zugewuchert, zum Beispiel die entlang der Wege hinter dem Freibad, die in Richtung Dürrlewang führen. „Da sind die Sträucher zum Teil bis übers Geländer hinausgewachsen“, schildert Brodbeck die Lage vor Ort. Das sei nicht nur ärgerlich, sondern sogar gefährlich: Fußgänger und Radler, die die Feldwege gerne zur Naherholung nutzen, könnten kaum ausweichen, wenn ihnen große Landmaschinen entgegenkommen.

Freie Wähler fordern Auskunft

Dass die Landwirte Probleme mit den zugewucherten Feldwegen haben, ist längst auch bis zu den Freien Wählern im Gemeinderat vorgedrungen. Schon zum dritten Mal werden die Kommunalpolitiker deshalb nun bei der Stadt vorstellig. Die Verwaltung habe aus ihrer Sicht bislang nur unbefriedigende Antworten auf ihre Anträge geliefert, kritisieren die Freien Wähler: „Die Stadtverwaltung hat sich auf allgemeingültige Vorschriften und Gesetze zurückgezogen, wonach die Grundstückseigentümer dazu verpflichtet seien, dafür zu sorgen, dass die Sicherheit des Verkehrs auf Feldwegen durch Zweige von Bäumen und Sträuchern und Hecken nicht beeinträchtigt wird,“

Zudem habe die Stadt bisher darauf verwiesen, dass sie regelmäßig Aufrufe im Amtsblatt veröffentliche und das Tiefbauamt alle vier Monate überprüfe, ob die Straßen und Wege den Vorschriften entsprechend frei gehalten werden. Komme ein Eigentümer seiner Pflicht, die Büsche zurückzuschneiden, auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht nach, übernehme die Stadt dies – auf Kosten des Eigentümers, heißt es von Seiten der Verwaltung.

„Die Stadt hat kein Geld für Kontrollen“

Das allerdings geht den Freie Wählern nicht weit genug. „Die Wahrnehmung der Stuttgarter Landwirte ist, dass in Bezug auf zugewachsene Feldwege seitens der Stadtverwaltung keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen werden“, bemängeln sie.

Dem schließt sich Helmut Gehrung an. Normalerweise müsse der Feldschutz, sprich der städtische Vollzugsdienst, ein Auge darauf haben, dass die Eigentümer der Grundstücke ihr Grün in Schuss halten und die Feldwege gut befahrbar seien. „Aber ich weiß ja auch, dass das nicht immer funktioniert, weil die Stadt kein Geld für Kontrollen hat“, sagt er.

Personal für Kontrollen fehlt

Das bestätigt Hans-Jörg Longin, der Leiter des städtischen Vollzugsdienstes. „Wir kontrollieren im Rahmen der Streife, ob die Wege frei gehalten werden. Verstöße melden wir dem Tiefbauamt“, sagt er. Das sei zuständig dafür, die Grundstückseigentümer zu ermitteln, diese anzuschreiben und gegebenenfalls auch selbst Rückschnitte vorzunehmen, wenn die Eigentümer nicht auf Aufforderungen reagierten.

„Erst mal muss es Gespräche geben“

Allein, es fehlt an Mitteln, den Feldschutz wirksam durchzusetzen. „Wir sind vom Personal her sehr dünn besetzt“, sagt Longin. Derzeit arbeiten beim städtischen Vollzugsdienst 57 Angestellte – doch davon werden nur 20 im sogenannten Außenbereich, sprich außerhalb der Innenstadt, eingesetzt. Bei den vielfältigen Aufgaben, die diese zu bewältigen hätten, blieben für die Kontrolle der Feldwege kaum Kapazitäten, gibt Longin zu bedenken.

Bestrafen würde Helmut Gehrung nachlässige Grundstückseigentümer ohnehin nicht gleich beim ersten Verstoß – ebenso wenig wie sein Kollege Axel Brodbeck. Der setzt auf Aufklärung: „Erst mal muss es Gespräche geben.“ Abgesehen davon verweist Brodbeck darauf, dass die Stadt selbst ihrer Pflicht zum Grünschnitt nicht immer nachkomme. „Bei Ausgleichsmaßnahmen hat die Stadt Geld zum Pflanzen, aber die Pflege wird vernachlässigt.“ Erst wenn die Stadt selbst mit gutem Beispiel vorangehe, sei es möglich, andere Grundstückseigentümer zum Mitmachen zu animieren.

Dass es auch anders geht, hat Helmut Gehrung indes auch schon erlebt. Insbesondere das städtische Gartenamt habe bisher zuverlässig auf seine Beschwerden reagiert, berichtet Gehrung: „Wenn ich dort angerufen habe, wurde immer gleich etwas gemacht. Das klappt sehr gut.“