Laut dem Windatlas verspricht der Standort zwischen Kappelberg und Kernen mehr Ertrag als der Windpark der Stadtwerke auf der Alb.

Fellbach - Es gibt in Baden-Württemberg laut dem Windatlas der Landesregierung nicht allzu viele Standorte, die für die Energieerzeugung in Frage kommen könnten. Im westlichen Teil der Region Stuttgart zum Beispiel herrscht Flaute. Ausgerechnet der mit weniger als 500 Metern gar nicht so hohe Schurwaldrücken zwischen Kappelberg und Kernen hat, was andernorts fehlt: Der Wind weht laut dem Atlas der Landesregierung so stark, dass sich eine Energieerzeugungsanlage wirtschaftlich betreiben

 

lässt. Für die Stadt Fellbach eine Verpflichtung: „Wir haben Flächen, die auf Machbarkeit zu untersuchen sind,“ sagt Baubürgermeisterin Beatrice Soltys. Der Planungsverband Unteres Remstal (PUR) der Städte und Gemeinden Fellbach, Kernen, Korb, Waiblingen und Weinstadt hat die Aufgabe in seiner Flächennutzungsplanung übernommen.

Die Ergebnisse im Windatlas beruhen auf ein Strömungsmodell

Manche Bürger bezweifeln, dass der Wind hierzulande so stürmisch weht wie für Energiegewinnung erforderlich, denn die Ergebnisse im Windatlas beruhen auf einem Strömungsmodell. Er habe noch nie erlebt, dass sich die Werte aus dem Windatlas ergeben haben, wenn an einem Standort vor dem Bau von Windrädern der Luftzug tatsächlich gemessen wurde – so zitierte kürzlich ein Besucher der städtischen Informationsveranstaltung zum Thema Windkraft Fachleute aus der Branche.

So ganz falsch aber können die Werte im Windatlas nicht sein. Der Geschäftsführer Thomas Mahlbacher und der Technische Betriebsleiter Gerhard Ammon von den Stadtwerken Fellbach (SWF) berichten, dass beim Betrieb des SWF-Windparks Gussenstadt auf der Schwäbischen Alb seit 2001 die Aussage im Atlas für diesen Standort „ziemlich genau eingetroffen ist.“

Auf dem Schurwald könnte sich also durchaus lohnen, die Windhöffigkeit zu messen. Das ist das durchschnittliche Windaufkommen an einem bestimmten Standort als Maßstab für die zu gewinnende Windenergie. Ungefähr sechs Meter pro Sekunde sind für einen wirtschaftlichen Betrieb nachzuweisen und werden für den Schurwald auch vorhergesagt. Solche Messungen sind aufwendig: Sie müssen über ein Jahr laufen und in der Höhe von drei Vierteln der Nabenhöhe stattfinden. Da dafür heute 140 Metern üblich sind, um wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen, müssen die Messgeräte in mehr als 100 Metern Höhe angebracht sein. Birgit Priebe, die Waiblinger Baubürgermeisterin und Leiterin der PUR-Geschäftsstelle, nennt Kosten zwischen 50 000 und 100 000 Euro.

Auf der Buocher Höhe haben Messungen begonnen

Auf der Buocher Höhe haben solche Messungen übrigens begonnen. Das Geld muss nicht die Stadt zahlen, sondern ein Investor wird es in die Hand nehmen, bevor er sein ungefähr vier Millionen Euro teures Windrad auf einen Berg oder eine Kuppe stellt. Solche Messungen sind heute Standard und werden nebst zwei Gutachten von Banken verlangt, die eine Windenergieanlage finanzieren sollen.

Vieles weist darauf hin, dass ein Windrad mit einer Nabenhöhe von 140 Metern und Rotordurchmessern bis zu 100 Metern auf der Fellbacher Gemarkung des Schurwalds besser funktioniert, als der Windpark der Stadtwerke nahe Gussenstadt. Dieser arbeitete in der ersten Hälfte seiner Betriebszeit an der Wirtschaftlichkeitsgrenze, wie die Stadtwerke einräumen. Dort trafen die Voraussagen eines Gutachtens nicht voll ein. „Wir gehen aber davon aus, dass wir die schwarze Null über die gesamte Betriebszeit noch schaffen“, sagt Gerhard Ammon. Aus heutiger Sicht allerdings „würde man so auch nicht mehr bauen“, sagt der Betriebsleiter. Geschäftsführer Mahlbacher kommt zum Ergebnis, dass die Windräder der SWF mit einer Nabenhöhe von 76 Metern und einem Rotordurchmesser von 47 Metern nach den heutigen Erkenntnissen einfach zu niedrig sind. Der Windatlas sagt für die hiesigen Schurwalderhebungen aber auch höhere Windgeschwindigkeiten voraus als für den bestehenden Windpark auf der Alb, sagen Geschäftsführer Thomas Mahlbacher und Betriebsleiter Gerhard Ammon. Negative Erfahrungen aufgrund zu optimistischer Gutachten braucht heute auch niemand mehr zu fürchten: „Die Lehrjahre sind vorbei,“ sagen Fachleute aus der Branche.

Die Stadt Fellbach und der Planungsverband Unteres Remstal machen sich die Suche nach Standorten für Windkraftanlagen nicht leicht. PUR-Geschäftsführerin Birgit Priebe ist ernüchtert, wenn sie betrachtet, auf wie viele Konflikte mit Landschafts-, Denkmal-, Lärm- und Vogelschutz die Suche in Fellbach, Kernen, Korb, Waiblingen und Weinstadt gestoßen ist. Ob eine Chance besteht, die knapp 1000 Windenergieanlagen bis 2020 in Baden-Württemberg zu errichten, um dann, wie von der Landesregierung geplant, rund 10 Prozent des Energieverbrauchs zu decken? „Wenn ich sehe, wie wir uns im PUR bemühen, bin ich nicht so optimistisch,“ sagt Birgit Priebe.