Fellbach vor wegweisender Entscheidung: Die Rathausspitze plant nur noch das halbe Budget für die Gleichstellungsarbeit. SPD und Grüne wettern dagegen und bestehen auf einer Vollzeitstelle.

Es war eine würdige Zeremonie kurz vor Weihnachten 2024, als Anneliese Roth nach 23 Jahren bei der Stadt Fellbach im großen Ratssaal in den Ruhestand verabschiedet wurde. Gelobt wurde sie als „engagierte Kämpferin“, die „Fellbach zu einem Vorreiter in Gleichstellungsfragen gemacht“ habe, wie der Erste Bürgermeister Johannes Berner ihre Arbeit würdigte. Offenkundig hatte Roth die einst 1991 noch als „Frauenbeauftragte“ etablierte Stelle zur Zufriedenheit aller ausgefüllt.

 

Roths Abschied bedeutet also eine Zäsur – natürlich in personeller Hinsicht, allerdings auch in konzeptioneller. Was freilich nicht unbedingt auf das Wohlwollen vieler Fellbacher und vor allem Fellbacherinnen stößt. Denn im Rathaus wollen die Verantwortlichen die Nachbesetzung der bisherigen Gleichstellungsbeauftragten mit einem Strategiewechsel verbinden.

Verwaltung: Halbe Vollzeitstelle reicht aus

Das betrifft gleich mehrere Punkte. Bisher handelt es sich um eine 100-Prozent-Stelle. Dabei wird es vermutlich nicht bleiben. Denn, so offenkundig die Devise in der Verwaltung: Warum das Geld für eine komplette Stelle ausgeben, wenn’s doch auch die Hälfte tut? So erläutert der Erste Bürgermeister in seinen schriftlichen Ausführungen für die nächste Gemeinderatssitzung, dass „planmäßig eine halbe Vollzeitstelle ausreichend scheint“.

Ähnlich hatte die Verwaltung bereits bei den Haushaltsberatungen im Frühwinter argumentiert. Die Empfehlung einer lediglich halben Stelle erfolge „auch unter Berücksichtigung des Stellenumfangs in Städten vergleichbarer Größe und der Tatsache, dass es sich um eine klassische Freiwilligkeitsleistung handelt“, hieß es schon vor gut vier Monaten.

Vorgesehen sei überdies, „das künftige Aufgabengebiet stärker auf Projekte in Netzwerken, Beratung und Information zu fokussieren“, so Berner. Der bisherige eigenständige Gleichstellungsbeirat soll zudem aufgelöst werden, stattdessen sollen die Gleichstellungsthemen „in der Regel einmal jährlich im Sozialausschuss“ beraten werden, wie es im Beschlussantrag der Verwaltung heißt.

Die Fraktionen der SPD und der Grünen im Lokalparlament wollen die Reduzierung auf eine halbe Stelle allerdings verhindern. „Gerade in einer Zeit, in der manche politische Kräfte gerne wieder ein gestriges Frauenbild propagieren, wäre es ein falsches Signal, die Stelle so zu reduzieren, dass diese nicht mehr handlungsfähig ist“, erklärte der SPD-Fraktionschef Andreas Möhlmann bereits in seiner Haushaltsrede. In einem aktuellen SPD-Antrag zur Sitzung heißt es: „Um die wertvolle Arbeit der vergangenen Jahre gut weiterführen zu können braucht unsere Stadt weiterhin ein ,Gesicht’ für Gleichstellung und Chancengleichheit.“ Der Mindestumfang für die Stelle liege bei 75 Prozent.

Für Bündnis 90/Die Grünen betonte der Stadtrat Karl Würz: „Das Ziel der Gleichberechtigung ist noch lange nicht erreicht; im Gegenteil, es steht zu befürchten, dass manche das Rad wieder zurückdrehen wollen.“ Deshalb müsse die Gleichstellungsstelle in vollem Umfang erhalten bleiben.

Umfang liegt bei 19,5 Wochenstunden

Wohin also geht die Fellbacher Gleichstellungsfahrt? Volle Kraft voraus, oder in reduzierter Form im Halbtagsmodus? Die Verwaltung schlägt jedenfalls „eine halbe Stelle für die Aufgabenpakete Diversity Management und Gender Mainstreamig in der Stadtgesellschaft“ vor?

Entsprechend der bereits aufgesetzten Stellenausschreibung wird eine Kraft „mit abgeschlossenem Hochschulstudium in einem relevanten Bereich (zum Beispiel Sozialwissenschaften/Soziale Arbeit“gesucht, und zwar in Teilzeit „mit 19,5 Wochenstunden.“ Titel des dann umstrukturierten Postens: „Diversity Manager:in (m/w/d).“ Eine Managerin der Diversität – das gab’s jedenfalls in Fellbach noch nie.