Obwohl es immer wieder Beschwerden über Fotoshootings am Beckenrand gibt, tut sich das Management des Fellbacher Badeparks mit einem Smartphone-Verbot schwer. Ein genereller Ausschluss von Mobiltelefonen gilt als lebensfremd. Kann ein Kamera-Aufkleber helfen?

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

In der Umkleidezone eines Schwimmbads sind Smartphone-Kameras aus nachvollziehbaren Gründen verboten. Und auch im Saunabereich oder unter der Dusche wird das Filmen und Fotografieren fremder Personen strafrechtlich verfolgt. Um Verletzungen der Intimsphäre von Badegästen durch heimliche Aufnahmen von vornherein auszuschließen, sind überall, wo es um Nacktheit geht, sämtliche technische Endgeräte mit Kamerafunktion untersagt.

 

Anders sieht es offenbar bei der Handynutzung im Schwimmerbereich aus. Obwohl es auch am Beckenrand viele Menschen geben dürfte, die schlicht nicht in der Badehose abgelichtet werden möchten, wird der Druck auf den Auslöser vom Bademeister in der Praxis mehr oder weniger geduldet. Strikt verboten sind Mobiltelefone im Freibad oder auch in der Schwimmhalle jedenfalls nicht.

Der Fellbacher Bäderchef stuft ein Handy-Verbot als „lebensfremd“ ein

Denn erstens ist dem Aufsichtspersonal in den wenigsten Fällen ersichtlich, ob wild auf ihr Handy tippende Besucher des Badeparks nun mit dem Abfassen von Kurznachrichten, dem Aktualisieren ihres Instagram-Profils oder der Anfertigung einer aktuellen Bildergalerie beschäftigt sind. Und zweitens hat der Wunsch nach Fotomaterial von sich selbst und seinen Liebsten inzwischen ein Ausmaß erreicht, das eine Untersagung von Smartphones auch in textilarmen Zonen aus Sicht der Badbetreiber unmöglich macht.

„Ein generelles Handyverbot ist schlicht und ergreifend lebensfremd und auch nicht mehr durchsetzbar“, sagt Kai Steuernagel, der als Geschäftsführer für den Fellbacher Badepark F3 verantwortlich ist. Zwar seien sämtliche Geräte mit einer Kamerafunktion im Saunabereich der Freizeiteinrichtung verboten. Aus der Hausordnung geht außerdem hervor, dass Fotografieren oder Filmen fremder Personen – ohne deren Erlaubnis – nicht gestattet ist. Doch ob beim Selfie am Beckenrand noch unbeteiligte Badbesucher im Hintergrund durchs Bild schwimmen, bewegt sich in einer Grauzone.

Ans Licht kommt das Problem mit der Grauzone durch eine Besucherbeschwerde

„Mich persönlich nervt die zunehmend um sich greifende Selbstdarstellungskultur in den sozialen Medien“, sagt Steuernagel zwar. Aber das Handy habe mittlerweile eine so zentrale Bedeutung im gesellschaftlichen Leben erreicht, dass ein Badbetreiber die Benutzung nicht einfach verbieten könne – selbst wenn Besucher bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Kamera zücken. „Meine persönlichen Befindlichkeiten sind da leider nicht der Maßstab“, räumt der Bäderchef ein.

Ans Licht gekommen ist der Umgang mit der Allgegenwart des Smartphones durch eine Beschwerde. Ein empörter Badegast hatte sich schriftlich beim Management des Fellbacher Schwimmtempels beklagt, weil am Beckenrand regelrechte Fotoshootings veranstaltet würden. Männercliquen mit Migrationshintergrund würden nicht nur posierend selbst in die Smartphone-Kamera lächeln, sondern auch weibliche Gäste fotografieren – ohne dass das Aufsichtspersonal energisch gegen die Bilderflut einschreite.

Frau und Kinder fühlen sich unangenehm belästigt

„Meine Frau hat sich mit den Kindern unangenehm belästigt gefühlt. Ein Unding, dass Ihre Bademeister nichts unternehmen. Das verletzt die Aufsichtspflicht, vor allem gegenüber der Kinder und weiteren Schutzbefohlenen“, heißt es in dem Protestbrief, der unserer Redaktion vorliegt. Bäderchef Steuernagel, als Vater von drei Töchtern durchaus mit Antennen für die Problemlage ausgestattet, will die Beschwerde zwar zum Anlass nehmen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Badeparks noch einmal für das Thema zu sensibilisieren. Eine Lösung versprechen will er allerdings nicht – zumal ein Verbot aus seiner Sicht ausgeschlossen erscheint. „Der Wunsch, den Besuch im F3 auf Bildern oder auch in einem Video festzuhalten, ist auch bei Familien und rücksichtsvollen Gästen weit verbreitet“, sagt er – und verweist aufs Recht am eigenen Bild.

Fellbach ist nicht die erste Kommune, in der Anstoß an der Smartphone-Benutzung am Beckenrand genommen wird. Um zu verhindern, dass Filmchen vom peinlichen Bauchplatscher vom Fünf-Meter-Turm im Internet landen, haben etliche Freibäder quer durch die Republik in der Vergangenheit auch Handy-Verbote in ihre Badeordnung aufgenommen. Weniger strikt ist der ebenfalls in einigen Kommunen unternommene Versuch, Möchtegern-Voyeure mit einem Aufkleber für die Linse der Handykamera auszubremsen – wer ins Bad will, muss sein Smartphone zeitweise erblinden lassen.

Dabei sind sich Badbetreiber quer durch die Republik einig, dass die am Beckenrand geschossenen Fotos mit zufälligem Hintergrund nicht das größte Problem sind, wenn es um die Verletzungen der Intimsphäre geht. Weitaus mehr Sorgen machen ihnen Zeitgenossen, die es bewusst aufs Spannen angelegt haben – und beim Badbesuch heimlich mit Unterwasserkameras oder in einer geleerten Duschgel-Flasche versteckten Fotoapparaten hantieren.